Müll begleitet jeden im Alltag. Egal, ob man sich eine Packung Kaugummi kauft oder eine Jeans im Internet bestellt. Übrig bleibt Verpackungsmüll. Dieser wird leider immer häufiger rücksichtslos in die Umwelt geschmissen. Als normaler Bürger ist man schon so an die massive Verdreckung gewöhnt, dass man eine „Müllblindheit“ entwickelt hat. Doch eine Wolfsburgerin hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem entgegenzuwirken: die Müllpiratin.
Bück dich für deinen Planeten
Die Müllpiratin heißt eigentlich Sabrina Wenzelis und kommt aus Fallersleben. Hauptberuflich arbeitet sie bei Volkswagen. Eine saubere Nachbarschaft und Umwelt war ihr schon immer besonders wichtig. Aus diesem Grund fasste sie im März 2021 den Entschluss, auf ihrem Facebook Account ihre erschreckenden Funde von Müll-Sammeltouren hochzuladen. Wenig später folgte der Instagram-Kanal „Muellpiratin“. Sie erlangte schnell mediale Aufmerksamkeit und war bereits mehrfach in der Zeitung und sogar im Fernsehen mit ihren Sammelaktionen zu sehen. „Müllpiratin ist schon ein bisschen unbeabsichtigt zur Marke geworden und konnte einen kleinen Hype kreieren. Es geht dabei aber nicht um meine Person, sondern um das Sensibilisieren für die Müllblindheit vieler Menschen und das achtlose Wegwerfen“ erzählt Sabrina Wenzelis. Die Inspiration zu ihrem Instagram-Kanalnamen kam dabei aus dem Disneyfilm „Pirates of the Caribbean“. „Den Namen Müllpiratin fand ich einfach cool, weil ich so die jüngere Generation ansprechen möchte. Eigentlich war mal der Plan, dass ich mich auch als Piratin beim Müllsammeln verkleide, dass die Passanten mich dann besser erkennen. Die Idee habe ich dann aber doch wieder fürs Erste verworfen,“ erklärt die gebürtige Wolfsburgerin. Ihre Müll-Sammeltouren finden dabei in ganz Wolfsburg statt. Überall ist genügend Müll zu finden. Besonders rund um das McDonalds-Restaurant in Fallersleben. „Die Menschen holen sich ihr Essen, fahren mit dem Auto 500 Meter weg und schmeißen den Müll einfach aus dem Fenster. Für so ein Verhalten habe ich kein Verständnis. Das macht mich richtig wütend,“ berichtet die 50-Jährige. Während ihrer Touren kommen häufig Passanten vorbei und unterhalten sich mit ihr. „Das Feedback ist bisher immer positiv gewesen. Viele wollen auch bei den Cleanup-Aktionen mithelfen und erkundigen sich danach. Wer Lust hat soll mich einfach auf Instagram („muellpiratin), Facebook („MüllRäuberz Cleanup“ und „Sabrina Wenzelis“) oder auf Telegram („MüllräuberZ“) anschreiben. Da werden dann Termine besprochen, an denen wir in einer größeren Gruppe zum Müllsammeln losgehen,“ erzählt Sabrina.
Es blieb aber nicht nur bei den Social Media Posts von den Müllfunden, welche von Sabrina häufig „Fääte Beute“ genannt werden. In ihrem Heimatstadtteil Fallersleben hängte sie eine lange Leine mit daran gebundenem Müll auf. Darunter waren NMS-Masken oder auch Verpackungsmüll. Die sogenannte „Girlande der Schande“ erlangte großes Aufsehen und positive Resonanz. „Die Aktion hat viel Interesse geweckt und die Menschen ein Stück weit sensibilisiert ihr Verhalten zu reflektieren und vielleicht auch motiviert, einmal selbst loszugehen und Müll zu sammeln. In Zukunft sind auf jeden Fall ähnliche Aktionen geplant, doch mehr möchte ich jetzt noch nicht verraten,“ erzählt Sabrina schmunzelnd. Mit der WAS, der Wolfsburger Abfallbehörde, konnte sie bereits einen Deal einfädeln. Sie bekommt kostenlose Müllsäcke, in denen sie ihre „Fääte Beute“ verstauen kann. Diese werden dann kostenlos von der Müllabfuhr abgeholt. Von der Stadt Wolfsburg ist sie aber noch enttäuscht. Trotz häufiger Kontaktaufnahme hat sich noch nicht viel verändert. „Die Stadt hat noch nichts für unseren Müll getan. Da nehme ich unseren Oberbürgermeister auch in die Verantwortung,“ betont die Müllpiratin.
Während ihrer Cleanup-Touren findet sie nicht nur ausschließlich Müll. Der kurioseste Fund war eine alte Bierdose. Mindesthaltbarkeitsdatum 2012! „Da kann man sich ja denken, wie lange die hier schon liegt,“ sagt Sabrina. Häufig sind auch Pfandflaschen dabei. Die werden abgegeben und das Geld wird direkt in neues Equipment wie Müllzangen, einen Bollerwagen oder auch einheitliche T-Shirts investiert. „Wenn wir alle die gleichen Shirts anhaben, schafft das Aufmerksamkeit und Erkennbarkeit. Die Passanten sollen sich fragen, wer wir sind und was wir machen,“ erklärt Sabrina.
Jeder sollte auf seinen ökologischen Fußabdruck achten und sein Wegwerf-Verhalten überdenken. Das ist Sabrina Wenzelis besonders wichtig. „Bück dich für deinen Planeten!“ sagt sie lachend. „Spaß beiseite. Jeder sollte versuchen, ein Teil der Lösung zu sein. Es ist wirklich nicht schwer, seinen Müll fünf Minuten mitzunehmen und ihn dann in eine Mülltonne zu schmeißen. Man würde seinen Müll auch nicht bei sich in den Garten schmeißen. Man muss sich ins Gedächtnis rufen, dass wir nur einen Planeten haben,“ appelliert die Müllpiratin abschließend. JR
Anmerkung der Redaktion:
Auch wir haben uns zwei Müll-Greifzangen gekauft und gehen regelmäßig Müll sammeln im Dreieck Ehmen-Mörse-Fallersleben. Wer Lust hat, meldet sich gerne unter wolfsburg@flow-wolf.de