Vor fünf Jahren hat Christoph Imiela für sich eine wichtige Entscheidung getroffen. Er wollte sich selbstständig machen. Aber nicht mit irgendetwas. Die Eröffnung des ersten Wolfsburger CrossFit-Studios, Box genannt, war sein Ziel. Dafür musste zunächst eine Trainingshalle her, die Suche gestaltete sich jedoch schwierig. „Ich habe die Vermieter bekniet und angebettelt“, sagt der 34-Jährige. Letztlich zahlte sich seine Beharrlichkeit aus. Fündig wurde er in der Borsigstraße 18a im Gewerbegebiet Ost. Sein Nachbar ist ein Malerbetrieb, drumherum sind weitere Handwerksfirmen ansässig. Ehrliche, pure Arbeit. Zur Sportart passt das wie die Faust aufs Auge.
Mehr als Fitnesstrainig
Und dass es sich bei CrossFit tatsächlich um eine Sportart handelt, nicht nur um eine Trainingsmethode, darauf pocht Imiela. Doch was genau ist CrossFit? „Viele Außenstehende denken, dass wir durch den Wald laufen und Steine durch die Gegend schmeißen“, so der gebürtige Wolfsburger. Das könne durchaus mal vorkommen, CrossFit sei jedoch mehr als das. Viel mehr. „Es setzt sich aus Elementen verschiedener Sportarten zusammen. Der eine Part besteht aus olympischem Gewichtheben und Powerlifting, außerdem kommen Kurzhanteln und Kettlebells zum Einsatz“, so Imiela, den die meisten als Tito kennen. „Der zweite große Teil ist der sogenannte Gymnastics-Bereich, Eigengewichtsübungen, Elemente aus dem klassischen Turnen.“ Bleibt der dritte Bestandteil: die Ausdauerkomponente. „Alle Fähigkeiten, die unser Körper besitzt, können durch CrossFit verbessert werden.“ Mithilfe ursprünglicher, alltagsnaher Bewegungen. Natürlich spielt bei vielen, die mit diesem Sport beginnen, auch der Muskelaufbau eine wesentliche Rolle. „Nach einer gewissen Zeit sieht man nackt schon besser aus“, sagt er lachend. Doch sein Ansatz ist weitergehender. „Unser Trainerteam möchte den Körper so fitmachen, dass man auch noch mit 60, 70 oder 80 Jahren allein einkaufen gehen oder Treppen steigen kann.“ Dementsprechend gemischt ist das Publikum. „CrossFit ist für jeden etwas“, betont der Box-Betreiber. Weil die Einheiten individuell abgestimmt, quasi auf den Leib geschneidert sind. „Wenn wir Kniebeugen machen, dann nimmt der eine dafür 100 Kilo und der andere nur 20 – oder gar kein Gewicht. Deswegen kann hier Oma Erna zusammen mit einem 19-Jährigen trainieren.“ Zumindest wenn beide eine erste kleine Hürde genommen haben: das Ausfindigmachen der Box, die sich etwas versteckt auf einem Hinterhof befindet. Dort angekommen, ahnt man aber sofort, was einen erwartet. Draußen Klimmzug-Stangen und Treckerreifen, auch drinnen, hinter den beiden Rolltoren, kein Schickimicki, kein Luxus. Die Trainingsstätte ist funktionell eingerichtet, versprüht einen ganz eigenen, handfesten Charme. Tito: „Hier geht es nicht um Wellness. Bei uns steht das Training im Vordergrund, es darf auch mal nach Schweiß riechen.“
Ein neuer Lifestyle
Fast. Hard. Again. Diese drei englischen Schlagworte (zu Deutsch: Schnell. Hart. Noch einmal), in großen Lettern auch auf der Homepage von Imielas Box zu finden, sagen einiges aus. Etwa über die Herkunft von CrossFit. Entwickelt wurde es Anfang der 80er–Jahre in den USA von Greg Glassman und seiner damaligen Frau Lauren, 1995 kam es zur Gründung der ersten Box. Mittlerweile vergibt das gleichnamige US-Unternehmen weltweit Lizenzen. Fast. Hard. Again. Dieses Motto verrät aber auch allerhand über die Art des Trainings. Imiela: „Es ist hart und intensiv, wir wollen Reize setzen, sonst passiert ja nicht viel.“ Im Rahmen des Warm-ups bereiten sich die Teilnehmer zunächst auf die noch folgenden Übungen vor. „Dazu gehört ein leichtes Anschwitzen“, erklärt der Headcoach. Wenn jemand zuvor im Büro acht Stunden auf seinem Hintern gesessen habe, „müssen wir schließlich erst mal seine Muskulatur aktivieren. Danach kommt häufig ein Technik-Teil, meistens gefolgt von der sogenannten MetCon, der metabolischen Konditionierung.“ Bei diesem Hochintensitätstraining werden verschiedene Übungen miteinander kombiniert, zum Beispiel Kniebeugen und Klimmzüge.
Die Coaches
Begleitet wird all das stets von einem oder mehreren Trainern aus dem neunköpfigen Trainerteam. Diese persönliche Rundum-Versorgung stellt eine ganz besondere Dienstleistung dar. „Unsere Coaches setzen sich sehr intensiv mit diesem Sport auseinander. Die Bereitschaft über den Tellerrand zu schauen, ist sehr hoch. Wir wollen uns ständig weiterentwickeln und immer wieder dazulernen,“ erklärt Imiela. Zudem verfügt das Trainerteam über ein breites Spektrum an leistungssportlichen Erfahrungen. Dazu zählen unter anderem Triathlon, Cheerleading, Breakdance und Eishockey. Imiela: „Der sportliche Background unserer Coaches ist sehr tief.“ Auch bei ihm selbst. Fußball war einst sein Steckenpferd, zwischenzeitlich betrieb der studierte Sportwissenschaftler aber auch Schwimmen und Kunstspringen. „Zur selben Zeit, als ich als Betriebsleiter für zwei Fitnessstudios zuständig war, habe ich übers Internet CrossFit kennengelernt“, so Imiela. „Ziemlich schnell war mir klar, dass ich mich selbstständig machen will.“ Gesagt, getan. Seither wurde die Box, die im Oktober ihren fünften Geburtstag feiert, immer wieder erweitert und umgebaut. Die Mitglieder sollen sich schließlich wohl fühlen, „wir sind sehr familienoffen“. Gemeinschaft wird – neben dem qualitativ hochwertigen Training – großgeschrieben. Deshalb werden abseits des alltäglichen Workouts auch interne Wettkämpfe und ähnliche Veranstaltungen organisiert. Noch stecke CrossFit zwar in einer Nische, sei eine Randsportart, „gerade in unserer schönen Stadt, in der es noch mal zehn Jahre länger dauert, bis ein Trend ankommt“, sagt Tito schmunzelnd. Er ist aber überzeugt: „Der Sport wird immer populärer. CrossFit ist im Kommen.“