Rollkunstlauf aus dem Blickwinkel einer aktiven Sportlerin

Rollkunstlauf ist eine faszinierende Sportart, die ähnlich dem Eiskunstlaufen ist. Es bestehen die Disziplinen Einzellauf, Paarlauf, Rolltanz, Solotanz, Formationslauf und Showgruppen, die alle von Perfektion und Rhythmus geprägt sind. Im Einzellauf werden in der Kür Sprünge und Pirouetten in eine Choreographie zu Musik eingebettet. Kinder können ab ca. 4 Jahren mit dem Rollkunstlaufen beginnen und sich über Jahre hinweg steigern. Das bedeutet viel Trainingsfleiß und Wettkampfadrenalin.
Von Stefanie Greite

„Spann dich und gib Gas.“ Sind die letzten Worte die ich von meiner Trainerin höre. Die Knie zittern, ich hör den Applaus, spüre die Stille darauf. Musik. Der erste Ton, ich denke nicht, ich laufe nur. Jeder Schritt im Takt der Musik. Wie immer. Nur die Knie zittern…
Sprünge. Pirouetten. Spann dich, spann dich. Schneller. Ich höre meinen Atem, spüre immer noch die weichen Knie. Konzentration jetzt. Der letzte Sprung. Und dann… ist es vorbei. Der letzte Ton, die Musik verklingt. Ich stehe da und die Knie zittern. Verbeugung zu den Wertungsrichtern und den klatschenden Zuschauern. Meine Teamkollegen johlen. Ich nehme es erst jetzt wahr. Zurück zu meiner Trainerin. Und dann ziehen die Wertungsrichter die Noten…

So oder so ähnlich beschreibt eine Rollkunstläuferin ihr Kürprogramm bei einem Wettbewerb. Sie steht morgens auf, versucht zu frühstücken, obwohl der Magen „nein danke“ sagt. Dann fährt sie zur Wettbewerbshalle, um sich dort rechtzeitig umzuziehen. Sie schlüpft in das schöne Kürkleid mit den Glitzersteinen, das extra für sie geschneidert wurde, stylt sich und macht sich dann warm. Nach den wenigen Minuten im Einlaufen und letzten Tipps ihrer Trainerin wird sie zu ihrer ausgelosten Startnummer aufgerufen und ist vor den Augen der Zuschauer und der Wertungsrichter auf sich allein gestellt. Dazu gehört eine Menge Mut. Eins der vielen Dinge, die man in dieser Sportart lernt. Dazu gehört auch Selbstvertrauen, allgemeine athletische Ausbildung, Körpergefühl und Bewegung zu Musik. Es gibt jedoch nicht nur das Kürlaufen im Rollkunstlaufen. Für die kleinen Anfänger folgt auch bald das Pflichtlaufen, bei dem bestimmte Figuren auf vorgezeichneten Kreisen gelaufen werden müssen.

VfL Wolfsburg Rollkunstlauf

„Bitte.“ Höre ich den Wertungsrichter. Ich gehe in die weichen Knie und stoße mich ab. Folge der Spur, Drehung. Ich spüre die Blicke der Wertungsrichter, traue mich nicht hinzusehen. Konzentriere dich auf die Spur. Zweiter Bogen. Dritter Bogen. Jetzt bin ich wieder am Start. Füße schließen und weg. Bogen laufen, letzte Drehung. Spur. Sch… zu langsam. Schaffe ich es noch rum? Der Bogen zieht sich in die Länge, die weichen Knie zittern. Ich spüre die Blicke, die Anspannung. Erwarte das Raunen, wenn ich aufsetze. Spann dich, zieh. Jeder Zentimeter zählt. Ich muss rumkommen. Und… jetzt. Schließen, starten. „Danke.“

Rollkunstlauf

VfL Wolfsburg Rollkunstlauf

Rollkunstlaufen ist vielseitig. Neben dem Kür- und Pflichtlaufen können die Sportler sich auch in Teams zusammenschließen. In der Rollkunstlaufabteilung des VfL Wolfsburg e.V. arbeite ich am Aufbau einer kleinen Nachwuchsformation mit 16 jungen Läuferinnen. Außerdem kooperieren wir mit dem Dream Team, einer Laufgemeinschaft verschiedener niedersächsischer Vereine, die international im Formationslaufen an den Start geht. Das ist mein eigener Nervenkitzel.

Wir warten. Backstage. Du hörst die anderen Teams schreien. Trampeln, sich anfeuern, wenn sie zum Vorraum gehen. Weinen, wenn sie zurückkommen. Freude, Wut oder Trauer? Weiter warten auf die Startnummer. Dann kommt der Moment. Wir gehen zum Vorraum, das letzte Team vor uns läuft. Ich kann nicht stillstehen und warten. Ich möchte endlich raus. Die Schrittfolge. Weiß ich die eigentlich noch? Ein letzter Test. Du weißt es doch. Dann öffnen die Helfer den Vorhang. „The next team – Dream Team“. Wir laufen auf. Ich spüre meine Nachbarin zittern, fühle die Anspannung und Konzentration. Nur ein Blick ins Publikum. Dann beginnt die Musik und wir laufen. Und laufen. Schritte im Takt, Spannung, Tempo. Hinter mir polterts. Was ist passiert? Egal, weiter. Der Mund ist trocken, die Lippen kleben an den Zähnen, egal, weiter. Weiter und weiter. Und dann… ist Schluss. Bitte ein Sauerstoffzelt. Ich habe vergessen zu atmen. Die Füße schmerzen während wir auf die Noten warten. Und dann erscheinen die Zahlen auf dem Bildschirm…

Über die Autorin

Stefanie Greite begann mit acht Jahren mit dem Eiskunstlaufen und wechselte drei Jahre später zum Rollkunstlaufen. Mit 14 Jahren begann sie zusätzlich mit dem Rollkunst-Formationslaufen. Die Wolfsburgerin feierte mit dem Dream Team zahlreiche Erfolge, u.a. 4x Weltmeister (1999 – 2002), das Silberne Lorbeerblatt (2002) und aktuell den Europameistertitel 2015. Mit 18 Jahren begann sie zusätzlich den Nachwuchs zu trainieren und baute 2001 die Abteilung Rollkunstlauf im VfL Wolfsburg e.V. wieder auf. Angefangen mit zwei Nachwuchsläuferinnen wuchs die Abteilung bis heute auf 50 junge Talente an.

Rollkunstlaufen beim VfL Wolfsburg

Die Rollkunstlaufabteilung des VfL Wolfsburg bietet in der Gruppe der Kids Training für alle Anfänger ab ca. vier Jahren an. Rollschuhe können so lange der Vorrat reicht gegen eine Gebühr ausgeliehen werden.
Neben den Kids gibt es für die Kinder nach Leistung unterteilte Wettkampfgruppen für Läufer, die an Breitensport-Wettbewerben teilnehmen möchten, sowie die Leistungsgruppe. Die Leistungsläufer trainieren für Meisterschaften und weiterführenden Wettbewerbe.

Nach der Sommerpause vom 25.07. – 23.08.2015 können Interessierte jeweils Montags und Samstags am Probetraining teilnehmen. Aktuelle Informationen findest du auf der Webseite des VfL Wolfsburg.

Links

VfL Wolfsburg Rollkunstlauf

Dream Team Skating

Fotos Rollkunstläufer: Stefanie Greite

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