Schornsteinfeger bringen Glück. Das lernt man schon als kleines Kind. Auch wenn das vermeidliche Glück nicht der Grund war, haben sich die beiden Schwestern Lea und Tiffany Pufke dafür entschieden, in die Schornsteinfeger-Fußstapfen ihres Vaters zu treten.
Zwei Schwestern und ihre Liebe zum selben Beruf
Eigentlich hatte Lea einen nicht ganz untypischen Plan: erst Abi, dann bei der Bundeswehr studieren. Doch in der elften Klasse hatte sie das Stur-auf-eine-Tafel-Gucken und das 8-Stunden-Rumsitzen satt und brach die Schule ab. Ihr Vater staunte dann nicht schlecht, als sie stattdessen bei ihm im Unternehmen als Schornsteinfegerin in die Lehre gehen wollte. Schon ihre acht Jahre ältere Schwester Tiffany schlug diesen Weg ein. Auch sie hatte vorher eigentlich einen anderen Plan und wollte ursprünglich zur Polizei. Lea bezeichnet sowohl ihre Schwester, als auch ihre Mutter als Vorbild. Ihr Vater war schon immer viel mit der Arbeit beschäftigt. Dadurch musste ihre Mutter zu Hause viel übernehmen – auch Handwerkliches. Da die Familie ursprünglich aus Hannoversch Münden kommt, gab es auch keine anderen weiblichen Vorbilder wie Tanten oder Cousinen im Umfeld der Geschwister, die die Idee eines eher „weiblicheren“ Berufs hätten wecken können. „Dann hat man sich an dem orientiert, was man vor der Nase hatte,“ erklärt die 21-Jährige. So hätte sie sich auch nie vorstellen können z.B. im Büro zu arbeiten. Als Lea und Tiffany noch Kinder waren, machten sie sich keine großen Gedanken darüber, was ihr Vater, der Schornsteinfeger, eigentlich so macht. Beim Fernsehen helfen, Rechnungen zuzukleben, ok. Das war es dann aber auch. „Ich habe mir das total stupide vorgestellt“, erinnert sich Lea – ab aufs Dach, den Schornstein putzen, in den Keller und wieder raus. Heute weiß sie aus eigener Erfahrung, dass zu den Aufgaben eines Schornsteinfegers noch einiges mehr gehört. Tiffany beschreibt es sehr passend: „Das Bild „Schornsteinfeger“ umfasst tatsächlich alles, was mit Feuer zu tun hat.“
Die Arbeit als Schornsteinfegerin
Dazu zählen neben den klassischen Aufgaben, wie der Wartung und Reinigung von Schornsteinen und Kaminöfen auch die Erstellung von Rauchwarnmelderkonzepten und Energieausweisen, bis hin zur Kontrolle von gewerblich genutzten Dunsthauben. Hinzu kommt die Überprüfung von Heizungen: Besteht eine Gefahr für den Eigentümer durch beispielsweise giftige Abgase? Arbeitet die Anlage wirtschaftlich? Wird der Umweltschutz eingehalten? Schon im 17. Jahrhundert erkannte man die Wichtigkeit dieses Berufs und erlaubte den Schornsteinfegern, als Berufskleidung offiziell einen Zylinder zu tragen, was sonst nur Adligen vorbehalten war. Aus dieser Zeit stammt auch der Aberglaube, dass Schornsteinfeger Glück bringen sollen. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Bräuche, die vom über die Schulter spucken, über das Händeschütteln, bis hin zum Knöpfe-Reiben reichen. Die für Schornsteinfeger übliche Zunft stellte für Lea zu Beginn ihrer Ausbildung bereits eine Herausforderung dar, denn passende Kleidung für Schornsteinfegerinnen gab es so gut wie gar nicht. Doch in den letzten Jahren hat sich hier Einiges getan, sodass sogar ein bekannter Arbeitskleidunghersteller eine Umfrage bei seinen weiblichen Kunden durchführte, um deren Bedürfnisse besser abdecken zu können. Trotzdem ist der Beruf des Schornsteinfegers auch heute noch sehr männerlastig. Lea erinnert sich, dass während ihrer dreijährigen Ausbildung unter 100 Azubis nur zehn Mädchen waren. Sie vermutet auch, dass sich das in Zukunft nicht stark ändern wird – nicht, weil es kein „Frauenberuf“ ist, sondern aufgrund der körperlich anstrengenden und dem Wetter ausgesetzten Arbeit.
Wenn die Leidenschaft zur Arbeit wird
Trotzdem sagt die Schornsteinfegerin: „Ich gehe eigentlich gar nicht zur Arbeit. Wenn man seine Arbeit liebhat, dann geht man nicht arbeiten.“ Daran ändert auch nichts, dass sie als Schornsteinfegerin teilweise belächelt wird. Doch weder die zierliche Blondine, noch ihre Schwester nehmen es den Leuten übel. Die meisten sehen den Schornsteinfeger als „Objekt“ und nicht als Mann oder Frau – und das ist ok. Auch wenn Lea erst 21 Jahre alt ist, weiß sie, dass man diesen Beruf nicht bis zu seinem 67. Lebensjahr ausüben kann. Daher macht sie aktuell ihren Meister, um sich selbst immer eine Tür offen zu halten. So kann sie später beispielsweise in der Energieberatung, beim Brandschutz oder auch der Baubegleitung arbeiten. Doch bis dahin genießen die beiden Schwestern ihren Alltag: „Dadurch, dass wir schon so lange in dem Bezirk tätig sind, ist das bei vielen Kunden schon was Familiäres,“ erklärt Lea und Tiffany fügt lachend hinzu: „Wir sind gesegnet mit Omas.“ Gemeint ist das Verhältnis der beiden zu ihren Kunden, die teilweise zu Bekannten oder sogar zu Freunden geworden sind. Jeden Tag hören sie neue Geschichten, sind nicht nur Dienstleister, sondern teilweise auch Seelsorger. Das ist aber nicht überall so, erklärt Lea: „Ich kann es verstehen, dass man sagt: Ich möchte das nicht an mich heranlassen. Aber gerade das finde ich schön.“ Auf die Frage, ob das eine „Frauen-Fähigkeit“ sei, antwortet das Geschwisterpaar uneinig. Derselben Meinung sind sie dann aber wieder, als es um die Frage geht, ob sie die Entscheidung, Schornsteinfegerin zu werden, jemals bereut haben. Wie im Chor sagen sie „Nein!“