Das Tanzende Theater Wolfsburg ist mit dem phaeno eine Kooperation eingegangen. Am 06./07./13. und 14. November zeigen sie im phaeno „Dancing Science“. Wir haben im Vorfeld mit den Hauptdarstellern Cinzia Rizzo und Ronald Schober über die Entwicklung der Produktion und die Verbindung zwischen Schauspiel und Tanz gesprochen.
von Stefanie Greite
„So ein Anzug ist auch eine Herausforderung, weil man natürlich eigentlich fast nackt da steht.“ Cinzia Rizzo
Woher kam die Idee zu Dancing Science?
Cinzia: Sabine Thanner, unsere Geschäftsleiterin, hat sich mit unserem Kooperationspartner phaeno zusammengesetzt. Wir machen schon viele Jahre etwas zusammen und durch den 10. Geburtstag lag es auf der Hand, dem phaeno mit einer Produktion zu gratulieren. Wir hatten bereits die Produktion „Der Raum schwingt“ gemacht, dann noch eine mit einer Big Band und Swing-Tänzen. Bei Dancing Science bringen wir das ganze Thema der Wissenschaft mehr ein indem wir auch Exponate einbauen.
Ronald: Ich freu mich total, dass ich dabei bin, weil ich das phaeno auch privat ganz klasse finde. Ich war gerade mit meinem Sohn da und finde, es ist wirklich ein toller Ort für Experimente. Deswegen freut es mich da mitzumachen, weil ich denke, das ist etwas für alle. Für Kinder ab 3 Jahren und für Erwachsene. Es ist etwas zum Anfassen, zum Tun und eben gerade diese Kombination, dass man zusammen ein Jubiläum feiert und es künstlerisch verarbeitet, ist eine tolle Symbiose.
Cinzia: Ich freue mich auch, denn dieser Raum ist spektakulär. Für Tanz und für Produktionen gleichermaßen. Wir haben einmal eine Produktion gemacht, bei der wir viel mehr in den Raum reingegangen sind, das war spannend. Der Raum ist an sich ist eine große Herausforderung.
Ihr seid erst in den ersten Proben und entwickelt gerade die Szenen von Dancing Science. Worum geht es?
Cinzia: Wir sind zwei Teilchen, die durch den Raum schwirren. Wir sind plötzlich entstanden und wissen erstmal gar nicht wer wir sind und wo wir sind. Und irgendwann treffen wir uns.
Ronald: Wir treffen aufeinander und gucken was sich entwickelt. Eigentlich wie beim Urknall.
Cinzia: Es entstehen dann bestimmte Phänomene, auch zwischen uns beiden, die dann auch wieder auf die menschliche Ebene transportiert werden. Magnetismus zum Beispiel, Anziehung, Dualität, Dualismus.
Ronald: Unsere Arbeit ist jetzt das Teilchenhafte in uns zu suchen und auch das Menschliche, denn es soll ja auch nicht zu platt werden. Da schauen wir jetzt, was gut ist und was nicht. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg.
Wie entwickelt ihr eure Ideen?
Ronald: Spielerisch. Wir gucken dann einfach mal, was wohl passiert, wenn wir aufeinander prallen. Was passiert denn dann wohl mit uns Teilchen, tänzerisch, körperlich, sprachlich, stimmlich. Wir probieren ganz viel. Und Bernd Upadek, der Regisseur, sitzt dabei und sortiert aus. Er sagt, was gut ist und was wir mehr versuchen sollen. Auch was wir nicht so sehr brauchen. In der Art haben wir jetzt schon fünf Szenen grob zusammengestellt.
Cinzia: Das ist im Prinzip wie wenn man ein Rollenspiel macht, dann muss man ja auf den anderen reagieren. Dann sagt der irgendetwas und es entwickelt sich der Sprachverlauf. Irgendwann wird das dann festgezurrt. So entwickelt es sich weiter. Es ist ähnlich wie beim Theater, da hat man dann auch sein Buch. Dann werden auch noch Sachen gestrichen, wenn man sich irgendwann fragt, was hat der Schreiber sich dabei gedacht. (lacht)
Wie oft probt ihr?
Ronald: Wir proben an sich einmal die Woche. Hatten aber auch Intensivtage, so vier Tage am Stück, in denen wir den ganzen Tag geprobt haben, um in der Entwicklung voranzukommen.
Tanzen und Schauspielen werden in dieser Produktion vereint. Wie funktioniert das?
Cinzia: Also wir sind ja die Schauspieler… aber wir bewegen uns schon in unseren Rollen. Wir haben ja eine spezielle Rolle und wir müssen uns da auch irgendwie anders bewegen, aber das geht dann schon eher in Schauspiel oder Bewegungstheater.
Ronald: Also wir kommen sozusagen von den zwei Polen. Sie ist Tänzerin und ich bin Schauspieler. Das ergänzt sich dann eigentlich ganz gut bei den Proben. Wenn sie eine Idee hat und ich das vielleicht nochmal anders strukturiere. Das ist das Praktische in der Entwicklung.
Cinzia: Also er kann sich schon bewegen. (lacht)
Ronald: Aber es ist eben nichts Choreographiertes.
Cinzia: Ne, das ist ja nicht speziell nach Musik.
Ronald: Das Besondere dabei ist, dass wir es jetzt auch mitentwickeln. Also, dass wir die Szene spielerisch entwickeln. Das ist eigentlich so das Spannende und Ungewöhnliche, dass es eben nichts fest Vorgeschriebenes gibt, nur wann wir im Programm auftauchen sollen, was vorher ist, was hinterher ist und dass es überleiten und ergänzen soll. Da wurde uns auch freie Hand gelassen und da entwickeln wir zusammen mit Bernd Upadek diese Zwischenszenen.
Cinzia: Und wenn es klappt werden wir auch noch singen. Also ich bin Sängerin, inzwischen mehr als Tänzerin. Früher habe ich mehr getanzt. Deshalb kann jetzt das Singen auch noch kommen, aber das ist alles noch in der Probephase.
Auf dem Flyer sieht man eine Tänzerin im Ganzkörperanzug. Tragt ihr beide diese Morphsuits?
Cinzia: Bei uns wird das ein bisschen anders sein. Dieser Anzug wird in einem Tanz verwendet, aber bei uns werden das Gesicht, unsere Hände und unsere Füße zu sehen sein. Das wird bei den Tänzern auch so sein, dass die Füße rausgucken, denn der Stoff ist zu glatt. Da habe ich mich auch verletzt bei der Pressekonferenz.
Ja, das habe ich gehört, da gab es einen kleinen Unfall?
Cinzia: Es ist zum Glück nicht aufgefallen. Der Sturz war geplant, nur die Art der Landung war nicht so geplant… ne, das geht nicht. Man kann dadurch sehen, aber man kann Entfernungen nicht so gut einschätzen. Das war bei der Pressekonferenz mein Problem. Ich wollte mich an der Wand im phaeno anlehnen und dann runterrutschen. Ich konnte aber den Abstand nicht einschätzen und war deshalb noch zu weit weg. Ich habe mich dann angelehnt und dadurch, dass ich Stoff an den Händen und den Füßen hatte, bin ich zu schnell gerutscht und habe mich dann verhakt. Es wäre auch schade, denn es ist doch auch wichtig, dass man unser Gesicht sieht. Bei den Tänzern wird eine Performance schon in solchen Anzügen sein, aber das wird eine ganz statische Choreographie, in der auch gesungen wird. Und wir werden nicht rot sein. (lacht) So ein Anzug ist auch eine Herausforderung, weil man natürlich eigentlich fast nackt da steht. Da möchte man vorher ein bisschen trainieren gehen… das ist schon eine Hausnummer. Für Mädchen vielleicht auch noch anders als für Jungen.
Ronald: Ich kann da gut abschalten, das ist ja eine Rolle. Dann ist das Teilchen halt dick, na und? (lacht) Das ist ja das Tolle an der Bühne. Wenn ich so ein Kostüm habe, dann bin das ja nicht ich.
Der Vorführungstag ist da – wie läuft der so bei euch ab? Seid ihr morgens schon aufgeregt, wenn ihr aufwacht?
Ronald: Früher hatte ich mal ein Ritual. Premierentage sind für mich immer besondere Tage, da habe ich nur gemacht, was ich wirklich wollte. Mit kleinem Kind ist das jetzt ein bisschen anders geworden, allerdings ist meine Frau Lehrerin und bei ihrem jetzigen Stundenplan hat sie freitags frei. Vielleicht kann ich an dem Freitag das noch mal aufleben lassen.
Ansonsten hat man das schon auf dem Schirm, aber normalerweise sind die Sachen ja gut geprobt. Man hat vielleicht ein wenig Lampenfieber, aber man freut sich da eigentlich mehr drauf. Zwei Stunden vorher ist man fokussiert auf den Abend und schaut, wann man was isst und, dass man sich nicht um 18 Uhr den Bauch voll haut, wenn man um 19 Uhr auf der Bühne steht.
Cinzia: Ja, also wenn es Gesang ist, ist es immer noch eine andere Nummer. Wenn es schwierige Stücke sind, hängt es auch immer von der Tagesform ab. Aber das habe ich auch schon lange nicht mehr gehabt, für mich ist das dann so: „Jetzt will ich raus da.“ Ich habe dann Lust, aber man hat natürlich eine Anspannung und die ist auch wichtig. Ob man das jetzt noch Lampenfieber nennen kann… (überlegt) ich denke schon. Es ist eine Anspannung, die ich auch wichtig finde, damit die Konzentration auch da ist.
Nehmt ihr während der Vorführung die Zuschauer wahr oder ist man so in seiner Rolle, dass alles herum verschwindet?
Ronald: Ich bin teilweise erstaunt, was so manche Kollegen vom Publikum mitkriegen. Da denk ich dann immer: „Ist ja spannend, was ihr da so mitbekommt.“ (lacht) Ich bin da sehr in der Figur drin und mit 5 bis 10 Prozent schau ich auch immer, ob alles läuft. Der kontrollierende Blick ist natürlich da. Ansonsten macht man das, was man geprobt hat. Man kriegt schon mit, ob das Publikum reagiert und wie es reagiert. Das hilft auch und gehört zum Theater dazu. Diese Energie, die man von der Bühne gibt und die man auch erhält. Das ist schön, denn dadurch registriert man, ob es auch so ankommt, wie man es geplant hat. Das weiß man ja nicht immer. Wenn man denkt, jetzt sind bestimmte Sachen witzig und dann schaut, reagiert das Publikum oder nicht. Das nimmt man wahr, aber eigentlich hat man zu tun.
Cinzia: Es ist ein Unterschied, wenn man eine Generalprobe hat und die ist leer oder wenn das Publikum drin sitzt. Es ist eine andere Energie. Die Anspannung ist dann da und die Spielfreude entwickelt sich. Wenn etwas zurückkommt, hat man eine ganz andere Energie im Raum.
Ronald: Man spielt es ja auch ständig vor leeren Rängen oder Regisseuren und dann sitzen da 500 Menschen – das ist schon anders. Da freut man sich letztendlich auch drauf. Dafür macht man es ja. Man könnte ja ständig weiterproben und weiterproben… aber man macht es ja, um es zu zeigen.
Danke für das Interview.
Fotos: Lars Hung
Kartenbestellungen:
Tel.: 05361/2728129
Email: tanzendestheater@hallenbad.de
Vorstellung von Ronald Schober und Cinzia Rizzo
Für die zweite Ausgabe des FLOW WOLF haben wir Cinzia Rizzo und Ronald Schober als Hauptdarsteller der Kooperation des phaeno mit dem Tanzenden Theater „Dancing Science“ interviewt. Hier stellen wir dir die beiden Schauspieler vor.
Cinzia Rizzo über Tanz, Gesang und Wolfsburg
„Ich bin gerne Wolfsburgerin.“
Ich bin Cinzia Rizzo, komme aus Wolfsburg und bin hier auch geboren. Ich habe schon immer die Bühne gesucht, das war ein großes Hobby von mir. Als Kind schon in der Kirche, für Senioren, in der Schule und die ganzen AGs, da habe ich immer viel getanzt. Das Erste, was ich gemacht habe, war Tanz. Gesungen habe ich sowieso immer gerne. Dann bin ich zum Tanzenden Theater gekommen, das ist jetzt schon um die 30 Jahre her. Damit hat das eigentlich alles angefangen, weil ich im Tanzenden Theater alles ausprobieren durfte und konnte. Ich konnte das, was ich mir so vorgestellt habe, auf die Bühne bringen. Es war immer ein großer Reiz für mich, die drei Genres zusammenzubringen – Gesang, Schauspiel und Tanz. Ich hab auch viel gesungen und mit Bands und Musikern zusammengearbeitet. Damit hat es sich ergeben, dass ich das zu meinem Beruf gemacht habe. Ich habe Lehramt studiert und habe da auch häufig die Fächer gewechselt. Ich war sehr sprunghaft. Ich habe zwei Kinder bekommen, die jetzt schon fast erwachsen sind. Dann habe ich entschieden das Studium abzubrechen und seit 1997 bin ich nun Freiberuflerin. Ich bin auf vielen Ebenen unterwegs: im Theater, mal mit dem Musiker und mal in dem Projekt, viel im Tanzenden Theater, viel auf der Bühne. Jetzt bin ich allerdings auch in die künstlerische und musikalische Leitung gegangen. Wenn man etwas älter wird, hat man irgendwann eine andere Motivation auf der Bühne zu stehen. Nicht mehr von links nach rechts zu laufen und zu springen. Das passt dann halt nicht mehr. Und so bin ich immer noch hier. Ich bin genauso wie Ronald auch mal in anderen Städten, aber ich bin gerne Wolfsburgerin. Und gern beim Tanzenden Theater, weil ich da immer den ganzen Schabernack machen durfte.
Ronald Schober über Schauspiel, Tanz und Fußball
„Sonntags 15 Uhr ist Stopptaste.“
Mein Name ist Ronald Schober, ich bin Schauspieler und bin ziemlich klassisch dazu gekommen. Nach Schultheater und ein bisschen studieren, habe ich das Studium geschmissen und eine Ausbildung an der Schauspielschule begonnen. Das war eine super Entscheidung mit allen Höhen und Tiefen, die der Beruf nun mal hat. Trotzdem ist es genau das Richtige. Ich bin fest im Engagement vor allem als Schauspieler, natürlich hatte ich auch mal Tanzunterricht. Als Schauspieler bewegt man sich ja auch im Körper. Es ist ja nicht so, dass man die Texte nur aufsagt, sondern beim eigentlichen Schauspiel, das sich meines Erachtens auch von Darstellen abhebt, ist es ja so, dass der Körper das Instrument ist, wie beim Tanzen eben auch. Da ist Sprache ein Element, aber ganz viel ist natürlich Körper, Spannung und wie man sich mit dem ganzen Körper zu den Szenen verhält. Von daher ist für mich diese klassische Trennung zwischen Tanz und Schauspiel auch immer mehr aufgehoben. Beim Tanztheater geht es ganz viel um Schauspiel und auch in der Oper ist immer mehr Schauspiel dabei. Diese Trennung ist immer mehr in der Auflösung begriffen.
Privat bin ich Papa von einem vierjährigen Sohn. Sportlich gesehen bin ich Fußballschiedsrichter, unter anderem auch in Wolfsburg. Ich wohne in Braunschweig und bin im ganzen Bezirk unterwegs. Das ist so mein Hobby, das mir im Kopf das Abschalten ermöglicht. Gerade wenn man so im Probenprozess ist, ist man doch immer ganz stark dran. Ich inszeniere in Braunschweig und abends nach der Probe ist es manchmal schwer abzuschalten. Da ist Fußball so ein Bereich, bei dem man komplett auf etwas anderes konzentriert ist und da kann ich dann abschalten. Man ist da aktiv, muss rennen und ständig Entscheidungen treffen. Es ist ja auch kein einfacher Job, aber es ist halt so ein anderer Gehirnbereich. Das ist eigentlich das Schöne daran. Das man halt mit dem Kopf nicht nur in den Proben hängt. Da hat man manchmal ein Lied, das kriegt man nicht mehr aus dem Kopf und man kann sie nicht mehr hören, aber man kann sie auch nicht abschalten. Man kann ja nicht auf Stopp drücken. Ich kann es dann sonntags. Sonntags 15 Uhr ist Stopptaste.