Eine Eishockey Familie hält zusammen
Wer in Wolfsburg Spitzensport sehen will, der muss sich nicht zwingend auf Fußball beschränken. Denn in der Eis Arena spielen die Grizzlys Wolfsburg bereits seit der Saison 2007/2008 in der höchsten deutschen Spielklasse. Und das mit Erfolg. Die Grizzlys erreichten seitdem insgesamt zwölf Mal die Playoffs, davon mehrmals das Halb- sowie Finale und konnten 2009 sogar den Gewinn des deutschen Eishockey-Pokals für sich verbuchen, als letzter Club in diesem Wettbewerb.
Die Geschichte der Grizzlys
Der Eishockey Sport hat in Wolfsburg eine lange Geschichte. Alles begann Anfang der 1960er Jahre, wo sich einige Hobbysportler zum SEC Wolfsburg (Ski- und Eissport- Club) zusammenschlossen. Damals noch ausschließlich im Winter, auf einer vereisten Wiese auf der Bezirkssportanlage am Porschestadion. Fast ein Jahrzehnt später tat man sich mit dem TV Jahn Wolfsburg zusammen und konnte aufsteigen. 1986 trennte sich dann die Eishockey-Sparte vom TV Jahn. Der Verein war nun eigenständig und wurde in ESC Wolfsburg umbenannt. Mitte der 1990er Jahre stand der ESC vor dem finanziellen Aus. Um die Auflösung zu verhindern, übernahm der größte Fanclub des ESC, die „Grizzly Adams“, den Verein. Die Grizzly Adams hatten sich zu dieser Zeit bereits als Verein eingetragen. Es folgten Jahre voller Auf- und Abstiege, bis man sich 2007 in der DEL halten konnte. Seitdem sind die Grizzlys nicht mehr aus der höchsten deutschen Spielklasse abgestiegen und firmieren als Grizzlys Wolfsburg GmbH.
Talentschmiede
Heute wird nicht mehr auf einer vereisten Wiese gespielt, sondern in der Eis Arena. 4.500 Zuschauer, alle nah am Spielfeld. „Man kriegt durch die geringe Entfernung der Fans zum Spielfeld gut die Schnelligkeit und Emotionen des Spiels mit. Die Eis Arena ist prädestiniert dafür, die Faszination hinter dem Sport zu verstehen,“ erklärt Simon Drühmel, Marketing-Leiter der Grizzlys. Die Faszination beginnt oft schon im jungen Alter. „Die Kids im Alter von vier bis zehn Jahren können in der Nachwuchsabteilung zur Eislaufschule kommen und ihre ersten Schritte auf dem Eis machen,“ so Drühmel. Wenn die Kinder dann Spaß am Sport haben, haben sie die Möglichkeit, sich in den einzelnen Jugend-Mannschaften weiterzuentwickeln. Wer Talent hat und Engagement zeigt, kann auf diesem Weg auch einen Profivertrag bei der ersten Mannschaft unterschreiben. Ein gutes Beispiel dafür ist der 19-jährige Steven Raabe. Der gebürtige Salzgitteraner durchlief seit der U16 alle Jugendmannschaften der Grizzlys. Meistens kommen die Jugendspieler aus der Region. Die Profis selber verstehen sich nicht nur für eigene Nachwuchskräfte als Sprungbrett, sondern auch für junge Spieler, die zum Teil aus den Sport-Internaten der Konkurrenten kommen, dort aber noch nicht in der Profimannschaft spielen können. „Wir geben jungen deutschen Spielern die Möglichkeit, sich hier weiterzuentwickeln und den nächsten Schritt zu machen in ihrer Entwicklung. Hier herrscht ein familiäres Umfeld und weniger Erfolgsdruck als bei den Top-Teams der Liga,“ erklärt Simon Drühmel.
Familiäres Umfeld
Eben dieses familiäre Umfeld ist bei den Grizzlys Wolfsburg trotz der voranschreitenden Professionalisierung des Sports beständig geblieben. Wie schafft man es dann aber, den Spielbetrieb trotz neuen Anforderungen, wie der Übertragung der Spiele auf Magenta Sport, am Laufen zu halten? „An den Spieltagen gibt es rund 40 Ehrenamtliche. Die erstellen dann u.a. den Liveticker, verantworten das Wettkampfgericht oder schlüpfen in das Kostüm unseres Maskottchens Ben,“ erzählt Simon Drühmel. Nur durch die Unterstützung könne man den Spielbetrieb in dem Ausmaße durchführen. „Die Menschen sind vertrauensvoll, verlässlich und mit Leidenschaft dabei. Das erleichtert unsere Arbeit ungemein. Auch wenn sie allesamt auch Fans sind, erfüllen sie ihre Aufgaben ungemein professionell und objektiv,“ sagt Drühmel schmunzelnd.
Und dann kam Corona
Durch das Wegbleiben der Fans musste der Verein mit finanziellen Einbußen klarkommen. Dabei kam aber wieder das familiäre Umfeld zum Tragen. Die Spieler verzichteten auf einen Teil ihres Gehalts und Sponsoren unterstützten großzügig. „Wir sind sehr privilegiert, dass wir unseren Job trotz Corona ausüben dürfen,“ betont der Marketingleiter. Zu den gerade stattfindenden Playoffs wird das Hygienekonzept nochmal verschärft und noch mehr getestet.
Eine Sache fehlt aber ganz besonders: die Interaktion mit den Fans. Wo sonst jubelnde Menschenmassen waren, sind heute leere Ränge. „Die Fans fehlen uns sehr,“ bedauert Drühmel. In diesen schweren Zeiten wird viel über die digitalen Kanäle kommuniziert. Auf Instagram oder Facebook werden exklusive Einblicke hinter die Kulissen gewährt. Die Fans sollen weiterhin an den Spielen und allem Drumherum teilhaben. Um auch dem physischen Austausch so nahe wie möglich zu kommen, gab es im März 2021 eine coronakonforme Autogrammstunde: Die Fans kamen mit Autos in das Rondell vor der EisArena gefahren und konnten sich Unterschriften ihrer Idole sichern. Die Aktion war ein voller Erfolg. Auch das „Papplikum“, Pappaufsteller mit den individuellen Gesichtern der Fans, auf den Zuschauerrängen, wurde super angenommen. „Wir müssen wahrnehmbar sein. Die Fans sollen, sobald es wieder möglich ist, ins Stadion zurückkehren. Dabei ist uns besonders wichtig, dass sie sich sicher fühlen,“ betont Marketingleiter Drühmel.
Größte Erkenntnis bislang: Durch unsere Größe und Kontinuität auf allen Positionen konnte man sich auf ein stabiles Umfeld verlassen. Durch das seriöse und immer mit Augenmaß erfolgte Wirtschaften, sowie die Solidarität von Fans und Sponsoren kann man die Saison ohne Existenznöte zu Ende spielen. In Zukunft möchte der Verein sportlich weiterhin erfolgreich sein. „Unser Ziel muss es sein immer die Playoffs zu erreichen und wir wollen da sein, wenn andere Mannschaften schwächeln. Viel wichtiger ist es aber, dass wir uns konstant weiterentwickeln. Die Menschen und Fans aus der Region sollen merken, dass wir als Organisation und Mannschaft gute Arbeit leisten,“ sagt Charly Fliegauf, Geschäftsführer der Grizzlys abschließend. JR