Für Stephanie Grassau gehören ehrenamtliche Tätigkeiten schon lange zu ihrem Leben. Sie engagierte sich bereits bei mehreren Projekten für Grundschulen und Kitas. Doch ein Thema ist ihr in den letzten Jahren besonders wichtig geworden – Inklusion.
Inklusion ist mehr als eine Regenbogenfarbe
Angefangen hat ihre ehrenamtliche Laufbahn in Heiligendorf bei der Kinderwoche, genannt Kiwo, einer kostenlosen Spaß- und Freizeitwoche für Kinder und Jugendliche. Nach vielen KiWos plant sie nun gemeinsam mit anderen Müttern aus dem Dorf inklusive Kita- und Kindergartenangebote. Durch ihr Engagement wurde Henning Geffers, der seit seiner Kindheit beim TSV Heiligendorf ist, auf sie aufmerksam. Nach mehreren gemeinsamen Gesprächen fassten sie einen Entschluss: Den TSV Heiligendorf inklusiver und nachhaltiger machen. ,,Wir haben ein Inklusions- und Nachhaltigkeitskonzept entwickelt und das dann dem Vereinsvorstand vorgestellt“, erzählt Stephanie. Der Vorstand war von der Idee begeistert und winkte die Vorschläge sofort durch.
Inklusion definieren
Zu Beginn war es wichtig, den Begriff Inklusion erstmal auf den Verein bezogen zu definieren. „Bei Inklusion geht es nicht nur um körperliche und geistige Behinderung, sondern um viel mehr. Aspekte wie Soziale Herkunft, Glaube oder Sexualität fallen dabei oft hinten runter“, erklärt Henning Geffers. Kein Mensch soll sich ausgegrenzt oder nicht gewollt fühlen. Deshalb geschehen alle inklusiven Aktivitäten der beiden unter dem Slogan ,,Wir für alle“. Und damit meinen sie wirklich alle. Nicht nur dann aktiv werden, wenn etwas gebraucht oder gefordert wird. Weniger reagieren mehr agieren, um den komplexen Themen die benötigte Zeit zukommen zu lassen. ,,Es reicht nicht, eine Regenbogenflagge ans Vereinsheim zu hängen und dann war es das. Das geht zwar alles schon in die richtige Richtung, aber es ist keine Kampagne, die bald wieder vorbei ist. Die Einstellung zu Inklusion muss sich nachhaltig in die Köpfe der Menschen übergehen“, erklärt Henning. Ein Anfang wurde schon gemacht. Geffers ist beim TSV in den Vorstand gewählt worden und bekleidet das Amt des Inklusionsbeauftragten, mit Stephanie Grassau als seine Vertretung. Das hat einen Grund, denn: „Henning kennt den Verein in puncto Fußball einfach besser als ich. Ich gebe da andere Impulse, zum Beispiel vom Frauensport. Wir sind ein tolles Team und ergänzen uns super“, sagt die 35-jährige lächelnd. Bei so einem ambitionierten Team lassen Erfolge nicht lange auf sich warten. Die Satzung des TSV Heiligendorf wurde bereits an einigen Stellen geändert und ist nun moderner und inklusiver. Die sieben Dimensionen der Inklusion (Alter, Geschlecht, Herkunft, soziale Herkunft, Sexualität, Glaube, Behinderungen) wurden in der Vereins-DNA integriert. Der TSV geht noch einen Schritt weiter und bezieht auch zukünftige Generationen mit ein. So versucht das Team, die Umweltauswirkungen des Vereins so gering wie möglich zu halten.
Übergreifendes Netzwerk
Es soll allerdings kein Alleingang des TSV Heiligendorf werden. ,,Wir wollen ein übergreifendes Netzwerk auf Stadt- und Landesebene schaffen. Wir wollen andere Vereine mit einem Angebot überzeugen, was über ein gutes öffentliches Image hinausgeht“, schildert der 31-jährige Wolfsburger. Ein Big Player bei diesem Ziel ist der VfL Wolfsburg, der mit seiner Expertise das Projekt im Breitensport unterstützen könnte. Hierzu gibt es bereits einen sehr regen Austausch. So könnten Anreize für andere Vereine geschaffen werden, in den freiwilligen Inklusionsclub einzutreten.
Der andere große Bereich, der die beiden beschäftigt ist Nachhaltigkeit, um Ihren Teil dazu beizutragen auch zukünftigen Generationen die Ausübung von Sport zu ermöglichen. Henning arbeitet auch beruflich in dem Bereich Nachhaltigkeit. „Wenn du dich jeden Tag damit auseinandersetzt, wird dir erst klar wieviel falsch läuft. Für mich ist ehrenamtliches Engagement einfach ein Ventil, den Frust abzubauen, den ich gegenüber der Welt habe. Ich versuche einfach so viel geradezurücken, wie ich kann“, schildert der Vater eines 1-jährigen Sohnes.
Einige Pläne der beiden sind schon in diesem Jahr umsetzbar. „Auf dem Dorffest in diesem Jahr wird es mehr vegetarische Speisen geben und die Becher werden aus kompostierbarem Plastik bestehen. Für das nächste Jahr schrauben wir mit dem Festausschuss an einem Mehrwegsystem“, erzählt der gebürtige Wolfsburger. „Außerdem kompensiert die erste Herrenmannschaft bereits den CO2-Ausstoß, den Sie durch die Anreise zu Spielen und Training verursachen. Den anderen Mannschaften wird das Konzept in den nächsten Tagen vorgestellt“, so Henning.
Ziel: Der nachhaltigste Club werden
Henning und Stephanie haben einen langfristigen Plan mit dem TSV Heiligendorf. ,,Wir wollen der nachhaltigste Club Wolfsburgs werden. Wir für alle“, sagt Stephanie stolz. Auf die Frage, wo sie sich und den Verein in fünf oder zehn Jahren sehen, sind sich beide einig. „Bis dahin wollen wir möglichst eine zweistellige Zahl von Wolfsburger Vereinen von der Idee eines Inklusionsclub überzeugt haben“ ergänzt Henning. ,,Ich will in 5 Jahren gemeinsam mit Steffi und den Verantwortlichen vom TSV Heiligendorf am Sportheim sitzen, auf eine Regenbogenflagge schauen und mir dabei denken: Ja, die hängt hier zurecht“, sagt Henning abschließend. JR