Inzwischen ist der Fachkräftemangel auch in Wolfsburg angekommen. Nur rund ein Drittel der Betriebe können ihre Ausbildungsplätze vollständig besetzen. Umso wichtiger ist es, sich als Unternehmen zu präsentieren. Denn der potenzielle Nachwuchs schaut genau hin und hat berechtigte Ansprüche.
Präsenz wird immer wichtiger
„Die Betriebe bilden mehr aus, finden aber immer schwerer geeignete Kandidaten“, fasst der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Lüneburg-Wolfsburg, Sönke Feldhusen, die Situation in Wolfsburg zusammen. Laut einer Befragung von 2018 sind 73,5 % der Wolfsburger Betriebe unzufrieden mit der Fachkräftesituation. „Die Konkurrenz um die besten Köpfe nimmt entsprechend zu und wird natürlich durch einen bedeutsamen ‚Platzhirsch‘ in Wolfsburg zusätzlich befeuert.“ Im Gastgewerbe und der Logistik sei es besonders schwierig Nachwuchs zu finden. Teilweise liege das an Vorbehalten gegenüber der Branche, teilweise aber auch an den Arbeits- und Arbeitszeitbedingungen. Diese seien in der öffentlichen Wahrnehmung eher ungünstig. Die Industrie, das Dienstleistungsgewerbe und die IT hätten es im Gegensatz leichter ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Diese Berufe üben eine stärkere Anziehungskraft aus.
Viel ist jedoch von dem Unternehmen selbst abhängig. Nicht zuletzt davon, wie es sich präsentiert. Sönke Feldhusen empfiehlt „zunächst einmal selbstverständlich, eine solide und attraktive Ausbildung auf hohem Niveau anzubieten. Mit der muss man dann aber auch erkennbar werden.“ Dazu sei es wichtig, zielgruppengerecht an die Schulen heranzutreten. Die IHK bietet z.B. an, junge Fachkräfte in Betrieben zu so genannten Ausbildungsbotschaftern zu schulen. Darüber hinaus sollte man aktiv Schülerpraktika anbieten und Schüler*innen über soziale Medien dort ansprechen, wo sie sind. „Spannend ist z.B. ein Ansatz Wolfsburger IT-Unternehmen, Programmierkenntnisse und IT-Bezug in die regionalen Schulen zu tragen und dort in den Unterricht einzubinden.“ Dafür gründeten sie die Digitale Gesellschaft Wolfsburg e.V. (DIGES Wolfsburg e.V.).
Der Trend muss erkannt werden
Wenn es um die richtige Repräsentation geht, scheint das Unternehmen von Ehme de Riese und Karsten Eckhoff genau zu wissen, was es tut. Denn sie befinden sich in der angenehmen Situation, eine große Auswahl an Bewerber*innen zu haben. Sie kommen aus der gesamten Region und nehmen sogar Pendelstrecken aus z.B. Peine oder Sachsen-Anhalt auf sich, um in den Geschäften in Wolfsburg zu arbeiten. „Ich glaube nicht, dass man sich in anderen Betrieben so fühlen kann, wie hier“, berichtet Alexander Schmidt, Azubi der Augenoptik im dritten Lehrjahr bei Ehme de Riese. „Ich habe eine hohe Qualität gesucht, eine höhere, als die, die ich als Kunde bei anderen Optikern erfahren habe. Ich fand Ehme de Riese bei Facebook und dachte, den Herrn möchte ich kennenlernen.“ Ihm gefalle vor allem der Ansatz, nicht über Masse und Gewinn zu gehen, sondern nach Qualität und Nachhaltigkeit zu streben. Alexander Schmidt gefalle der Beruf der Augenoptik sehr und in diesem Unternehmen sei ihm die Möglichkeit gegeben, ihn wahrhaftig zu leben: „Ich kann hier meine Persönlichkeit mit meinen Kompetenzen ausleben.“ Karsten Eckhoff führt den Erfolg auf den Wertekatalog zurück, den das Unternehmen verfolgt: Wahrhaftigkeit, Respekt, Begeisterung, Loyalität, Vertrauen, Work-Life-Balance, Fachkompetenz, Humor und Teamarbeit. „All dies leben wir und es strahlt über unsere Gäste und Mitarbeiter*innen nach außen. Die Fachkräfte kommen zu uns“, erläutert Karsten Eckhoff. Dabei sei es dem Unternehmen besonders wichtig, die zukünftigen Gesell*innen und Meister*innen der Augenoptik selbst auszubilden. „Damit die jungen Leute unsere Werte verinnerlichen und damit aufwachsen.“ Dass Betriebe nicht genug selbst ausbilden, kritisiert an dieser Stelle Alexander Schmidt. Seinem Eindruck nach gebe es genug junge Menschen, die auf der Suche nach einer Stelle sind: „Doch die Industrie sucht nach 20-Jährigen mit umfassenden Kompetenzen. Und wenn sie nicht selbst ausbilden, dann bekommen sie die auch kaum.“ Der Nachwuchs stellt nun einmal Ansprüche. Die Arbeitswelt verändert sich. Zeit für die Familie und Freizeit, faire Bezahlung, Weiterbildungsmöglichkeiten, 13. Gehalt oder andere Boni – in den Augen von Generation Y und Z sollte dies Standard sein. Und an dieser Stelle scheiden sich oft die Geister von nachwachsenden Arbeitnehmern und etablierten Arbeitgebern.
Wohlfühlen ist wichtig
Doch die Unternehmen, die den Trend erkennen und sich entsprechend repräsentieren, sind am Ende erfolgreicher. Alexander Schmidt beschreibt diese Erwartungen, die auch er hatte, als er auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz war: „Neben dem Handwerk wollte ich die Zwischenmenschlichkeit erfahren. Meine eigene Persönlichkeit sollte ihren Platz finden. Ich wollte mich entfalten können.“ Dies habe er bei Ehme de Riese gefunden. Karsten Eckhoff bestätigt: „Sie kommen zu uns, weil sie uns beobachten und sich genau ansehen, was das für ein Unternehmen ist, wofür es steht, was es repräsentiert. Dann stellen sie fest, dass sie bei uns arbeiten möchten.“
Hohe Qualität, Attraktivität, Repräsentation. Ein Arbeitgeber muss heutzutage mehr bieten, als ein monatliches Gehalt. Und das ist gut so.