In unmittelbarer Nähe zum Schloss Wolfsburg, mitten im Grünen, befindet sich das Vereinsgelände des Reit- und Fahrverein Wolfsburg, kurz RuF. Doch wieso ist er trotz seiner idealen, zentralen Lage und der enormen Größe des Geländes von vier Hektar dem Großteil der Wolfsburger unbekannt?

Pferdesport für alle

Ein Sprung zum Sieg / Foto: FLOW WOLF
Ein Sprung zum Sieg / Foto: FLOW WOLF

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, muss man sich erstmal mit der Geschichte des Reitsports auseinandersetzen. In den vergangenen Jahrzehnten war es häufig nur wohlhabenden Menschen möglich, den Sport auszuüben. Zu teuer waren die Anschaffung und der Unterhalt eines Pferdes. Dadurch erhielt der Reitsport seinen leicht elitären Ruf, welcher ihm bis heute nachhängt. Für viele Sportinteressierte kam die Frage gar nicht erst auf, sich mit dem Sport zu beschäftigen, da er finanziell nur für die gehobene Mittelschicht möglich zu sein schien. Doch diese Zeiten gehören in vielen Pferdesportvereinen der Vergangenheit an. Beim RuF Wolfsburg achtet man besonders darauf, dass der Breitensport eine große Rolle spielt und das Hauptaugenmerk nicht mehr primär auf dem Leistungs- bzw. Spitzensport liegt. Vor allem seit dem ehrenamtlichen Engagement der 1. Vorsitzenden Daniela Möller ist sowohl der soziale Aspekt, als auch die Kommunikation des Vereins in den Vordergrund gerückt. Auf ein großes Gemeinschaftsgefühl wird geachtet, und dass auch Kinder aus sozial schwachen Familien die Möglichkeit bekommen, auf einem der 27 anwesenden Schulpferde dem Reitsport nachzugehen. Die ausgebildete Sozialpädagogin und zertifizierte Mediatorin gibt z.B. Kurse zum Thema Lampenfieber und Turniervorbereitung. Es gibt auch eine enge Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten aus Wolfsburg, bei denen viele Kinder erste Begegnungen mit dem Partner Pferd sammeln können. „Anfangs hatte ich auch Respekt vor den Tieren, doch diese verfliegt schnell“, sagt Daniela Möller.

Gemeinsam zum Erfolg

Der Reitsport ist für alle da / Foto: FLOW WOLF
Der Reitsport ist für alle da / Foto: FLOW WOLF

Beim RuF geht es aber nicht ausschließlich um den Spaß, es wird auch der sportliche Erfolg angepeilt. Der Pferdesport wird in mehrere Kategorien unterteilt, wobei Spring- und Dressurreiten die populärsten sind. „Für jede Leistungsklasse gibt es ausgebildete Trainer, die genau auf das individuelle Leistungsniveau und die Bedürfnisse der Kinder geschult sind. Diese Förderung endet dann auf höchstem Niveau mit Frau Stübig, erklärt Daniela Möller. Gemeint ist Alexandra Stübig, eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Wolfsburger Reitsportszene. Die Pferdewirtschaftsmeisterin (Schwerpunkt Reiten und im Besitz des Goldenen Reitabzeichens) gibt Reitunterricht auf höchstem Niveau, reitet selber Grand Prix und kann schon viele Turniersiege verbuchen. Diese durchaus positiv zu bewertende Entwicklung des Reitsports ist allerdings noch lange nicht in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit angekommen. So kann der RuF seit 20 Jahren auf erfolgreiche Teilnahmen auf Bundesebene im Mannschaftsreiten bis ins Finale zurückblicken. Bekanntschaften mit Ludger Beerbaum und Ingrid Klimke sind im Rahmen dieser Veranstaltungen entstanden. Deshalb möchte der Reit- und Fahrverein Wolfsburg das Image des Reitsports öffentlichkeitswirksam aufpolieren. Bei öffentlichen Veranstaltungen bietet man beispielsweise Ponyreiten an. Regelmäßig werden auch Reitshows mit kostenfreiem Eintritt angeboten, um neue Mitglieder zu akquirieren und den Bekanntheitsgrad zu steigern. Und das mit Erfolg: Beim Tag der offenen Tür 2019 waren über 2.000 Besucher auf der Anlage, die man nicht auf den ersten Blick sieht, wenn man von der Berliner Brücke kommt oder die Schulenburgallee entlangfährt. Am 01.09.2019 werden beim Erlebnistag Pferd & Hund in Zusammenarbeit mit der Uelzener Versicherung sogar über 5.000 Besucher erwartet.

Reiter und Pferd als eine Einheit

Reiter und Pferd sind eine Einheit und das geht nur mit Vertrauen / Foto: FLOW WOLF
Reiter und Pferd sind eine Einheit und das geht nur mit Vertrauen / Foto: FLOW WOLF

Reiten ist mehr als nur auf einem Pferd zu sitzen und die Zügel zu halten. Neben der sportlichen Ebene wird oft unterschätzt, wie eng die Bindung zwischen Reiter und Pferd mit der Zeit werden kann. „Im Kinder- und Jugendbereich wird durch den Umgang mit Pferden das Selbstwert- und Verantwortungsgefühl ausgebildet. Man lernt viele Soft-Skills und Werte, die einem im späteren Berufsleben zugutekommen“, erläutert Daniela Möller. Vor allem introvertierte Kinder finden im Umgang mit den Tieren einen Weg, sich emotional zu öffnen und sich weiterzuentwickeln. Durch Mannschaftswettbewerbe wird auch die Teamfähigkeit geschult, die bei vielen anderen Einzelsportarten verloren geht. Egal, ob man den Nervenkitzel beim Springreiten, die Entspannung beim Ausreiten im nahegelegenen Waldstück an der Tiergartenbreite oder einfach das Beisammensein mit anderen Reitbegeisterten sucht, beim Reit- und Fahrverein Wolfsburg ist für jeden etwas dabei. „Viele kommen zu uns und wollen den schnellen Erfolg. Doch Ergebnisse sind häufig erst nach einigen Jahren sichtbar, wenn Pferd und Reiter ein eingespieltes Team und die Lektionen einstudiert sind – das braucht seine Zeit. Wir legen großen Wert auf eine qualitativ hochwertige Ausbildung. Die Sicherheit von Pferd und Reiter hat dabei eine hohe Priorität, betont Daniela Möller abschließend.

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