Ich unterhalte mich mit Linda Krüger vom Verein institut für zukünfte über das nachhaltige und spannende Projekt des Urban Gardenings in Wolfsburg. Ich frage Linda was das Projekt wurzelwerk ist, (so wird der Garten seit einem Jahr genannt) und wie es zustande kam.
Im Stadtgarten wachsen nicht nur verschiedenste Gemüse, sondern auch Menschen beim gemeinsamen Gärtnern zusammen.
Den Gemeinschaftsgarten im Stormhof gibt es bereits seit 2019. Ins Leben gerufen wurde dieses Projekt vom gemeinnützigen Verein institut für zukünfte e.V. (kurz IFZ)
Der Verein beschäftigt sich mit zukunftsrelevanten Fragestellungen und versucht, komplexe globale Zusammenhänge zum Thema Nachhaltigkeit verständlich zu präsentieren. Das IFZ möchte seine Mitmenschen zum Nachdenken anregen und sie somit im besten Fall zu einer zukunftsfähigen Lebensweise inspirieren. Dabei orientiert sich der Verein an den Zielen der UN, den sogenannten SDGs (Sustainable Development Goals [Anm. d. R,]).
So wurde sich im Jahr 2019 auf das SDG 2 „Kein Hunger“ fokussiert und mit der übergeordneten Fragestellung, wie eine nachhaltige und zukunftsfähige Ernährung aussieht. Aus der Theorie wurde Praxis und so entstand die Idee, einen Urban Garden in Wolfsburg zu etablieren. Gefördert wird das Projekt von der Neuland Wohnungsbaugesellschaft mbH, der Sparkassen Stiftung, Neuland Stiftung, Bürgerstiftung Wolfsburg und der Förderung „Demokratie Leben“ der Stadt Wolfsburg.
Engagement sorgt für eine andere Wertschätzung von Lebensmitteln
Linda berichtet, dass das institut für zukünfte den Bürger*innen einen direkten Zugang zu den täglichen Lebensmitteln bieten möchte. Denn wenn man sieht, wie viel Arbeit, Zeit und auch Ressourcen in bspw. einem einzelnen Gemüse stecken, beginnt man den Umgang mit Lebensmitteln neu zu erlernen und es wieder mehr zu schätzen. Mit Unterstützung der NEULAND Wohnungsbaugesellschaft mbH konnte der Garten im Sommer 2019 im Stormhof 1 eröffnen.
Ehrenamt, Lernort und mehr
Schnell stieß das Projekt auf Anklang in der Nachbarschaft und viele interessierte Personen kamen vorbei, um ehrenamtlich bei dem Projekt mitzuarbeiten. Inzwischen ist es ein wahres Herzensprojekt des Vereins geworden. Das institut für zukünfte ist sehr stolz darauf, mit diesem Projekt viele unterschiedliche Menschen zusammenzubringen und sie für ein ehrenamtliches Engagement zu begeistern.
Seit diesem Jahr dient der Garten auch als außerschulischer Lernort, Pop-Up Café und als Veranstaltungsort.
Ein bunter Gemeinschaftsgarten für die Nachbarschaft
Ich möchte gerne wissen, wie das Projekt von der Nachbarschaft angenommen wird und Linda erzählt mir, dass es auf viel Zustimmung trifft. Die Innenhöfe in den Wolfsburger Höfen war zuletzt leider vielerorts ungenutzt. Zumindest im Stormhof konnte das durch das Projekt wurzelwerk geändert werden. „Wir haben einen bunten und optisch ansprechenden Gemeinschaftsgarten geschaffen, der allen offen steht“ sagt Linda weiter. Viele Personen kommen vorbei, um den Garten als Ort des Verweilens zu nutzen. Vom Student, der seine Online Vorlesungen aus dem Garten heraus besucht bis zur älteren Anwohnerin, die ihre Freundinnen im Garten zu Kaffee und Kuchen trifft, findet das wurzelwerk bei vielen Anwohner*innen Anklang. Nicht zuletzt hat der Gemeinschaftsgarten auch einen sehr praktischen Vorteil: Hier kann man mitgärtnern und sich körperlich betätigen, ohne dass man die Verantwortung und die Arbeit eines eigenen Gartens hat. Im wurzelwerk packen alle gemeinsam an. Und je mehr mithelfen, desto weniger muss der/die Einzelne leisten. Beispielweise muss man nur alle 1-2 Wochen den Gießdienst an einem Wochentag übernehmen. Bei einem eigenen Garten würde man um ein tägliches Gießen nur schwer herum kommen.
Das wurzelwerk im Winterschlaf
Nun, da der Herbst begonnen hat und auch der Winter vor der Tür steht, interessiert es mich, was mit dem wurzelwerk in den kommenden Wochen und Monaten passiert.
Der Garten wurde winterfest gemacht, erzählt mir Linda und das letzte Gemüse wurde geerntet. Den Herbst und Winter nutzen wir für eine bewusste Pause. So kann jede*r auch anderen Interessen nachgehen und im Frühjahr treffen wir uns mit neuer Energie und vor allem großer Vorfreude, um wieder gemeinsam im Garten anzupacken“.
Die Zeit wird ebenfalls genutzt, um die Saison 2022 zu planen, sowohl was den Gemüseanbau angeht als auch die weiteren Veranstaltungen und nächsten großen Schritte im Projekt.
Nachhaltigkeit im Wurzelwerk
Der Aspekt der Nachhaltigkeit im wurzelwerk wird neben der Grundidee des Gärtnerns auch bei den genutzten Materialien und dem Mobiliar sichtbar.
„Im wurzelwerk ist es uns wichtig, aufzuzeigen, dass Gärtnern überall und auch mit wenig Geld machbar ist“ erzählt mir Linda. Man braucht keinen eigenen Garten, sondern auch auf einem Balkon lässt sich bereits einiges anbauen. Daher haben die Projektbeteiligten im Garten viele verschiedene Beete. Vom klassischen Hochbeet über ein Erdbeer-Beet aus Abwasserrohren bis zu stapelbaren Biokisten, in denen Salat wächst. Beim Mobiliar gibt es eine Mischung aus selbstgemachten Sitzmöglichkeiten sowie hochwertigen Tischler-Möbeln.
Konkret erzählt mir Linda von selbstgemachten Paletten-Möbel, einer alten Secondhand-Bierzeltgarnitur sowie einem großen Picknick-Tisch von einem lokalen Tischler mit Holz aus der Region. Darüber hinaus achtet man im wurzelwerk bei dem Anbau des Gemüses sehr auf Nachhaltigkeit. „Wir nutzen bio-zertifiziertes Saatgut, düngen nur mit natürlichen Stoffen wie bspw. Kompost und mulchen unsere Beete, um den Wasserbedarf möglichst gering zu halten.“
Was bringt der nächste Frühling
Abschließend möchte ich noch wissen, was die Pläne für den kommenden Frühling und Sommer sind. Der Fokus wird weiterhin auf dem gemeinschaftlichen Anbauen von Gemüse liegen und wieder werden viele interessante Veranstaltungen im wurzelwerk angeboten.
Es sollen noch mehr Menschen mit diesem Projekt erreicht und für ein ehrenamtliches Engagement begeistert werden. Außerdem soll das wurzelwerk noch mehr als außerschulischer Lernort ausgebaut und genutzt werden. JK