In der aktuellen Ausgabe vom FLOW WOLF (Nr. 2, 4. Quartal) haben wir über das Aller-Projekt geschrieben. Das spannende Thema wollten wir aber noch weiter beleuchten und sprachen mit Mark Ehlers. Der Vorstandsvorsitzende der Aktion Fischotterschutz e.V. traf sich mit uns in seinem Büro im OTTER-ZENTRUM Hankensbüttel und gab uns einen interessanten Einblick in die Welt des Naturschutzes.

Seit wann gibt es das Aller-Projekt?

Das Aller-Projekt läuft seit dem 01.08.2012.

Was ist der bisher größte Erfolg?

Gute Frage, manchmal sind es die kleinen Erfolge, die nach außen hin nicht immer sichtbar sind, wenn z.B. durch Überzeugungsarbeit ein Umdenken stattfindet, kleinere Maßnahmen umgesetzt werden können, die vorher nicht denkbar waren oder die eigenen Projekte durch andere ergänzt werden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Am Mühlenbach, einem Nebenbach der Örtze, wurde durch einen Angelverein ein Kiesbett angelegt. Mit dem Aller-Projekt wurde die Maßnahme räumlich auf über 1.200 Meter ergänzt. Im Anschluss zur Maßnahmenumsetzung hat die Aktion Fischotterschutz einen Termin mit allen Akteuren (Untere Wasserbehörde, Unterhaltungsverband, Angelverein und Aktion Fischotterschutz) vor Ort initiiert. Ziel war es zu klären, wie ein Anschluss vom renaturierten Gewässerverlauf zur naturnahen Örtze erreicht werden könnte. Nach dem Gespräch stimmte der UHV zu, die Renaturierung selbständig weiter fortzusetzen und hierfür Gelder zu beantragen. Die Maßnahme wird in diesem Jahr umgesetzt und ist ein großer Erfolg bei der Angelverein, Aktion Fischotterschutz und der Unterhaltungsverband gemeinsam einen Gewässerverlauf in weiten Teilen wieder revitalisiert haben.

Mark Ehlers

Was ist das bisher größte Projekt?

Die meisten und auch größten Maßnahmen wurden bisher am Gohbach im Landkreis Verden umgesetzt. Hier wurden in einem Gewässerabschnitt von ca. vier Kilometern bereits drei Maßnahmen umgesetzt, eine weitere ist kurz vor der Umsetzung. Aufgrund der guten Zusammenarbeit und der Unterstützung der Behörden sowie der Kooperation der Anlieger wurden hier folgende Maßnahmen umgesetzt:
• Umbau eines Pfeifenbringsch´en Sohlabsturzes. Hier wurde ein Höhenunterschied von 1,73 Meter durch eine naturnahe Sohlgleite auf 254 Meter ausgeglichen, sodass der Gewässerabschnitt wieder für die Fische passierbar gestaltet wurde.
• Einbau von Strömungslenkern, Kiesbetten und Kiesdepots in einem Gewässerabschnitt, um die eigendynamische Entwicklung zu initiieren und um wieder Struktur im Gewässer und Laichhabitate für die Fische zu entwickeln.
• Der Umbau von drei weiteren Sohlabstürzen aus Beton zu einer naturnahen Sohlgleite, um die ökologische Durchgängigkeit herzustellen und das Sohlsubstrat zu verbessern.
• Weiterhin wurde eine rund 4.500 Quadratmeter große Entwicklungsfläche für Naturschutzmaßnahmen angepachtet, auf der in diesem Herbst Maßnahmen im Gewässerverlauf und auf der Fläche umgesetzt werden. Hiermit wird ein weiteres Trittsteinbiotop zwischen den bereits umgesetzten Maßnahmen im Rahmen des Aller-Projektes entwickelt und ein bestehendes Biotop ergänzt und räumlich ausgedehnt.

Mit diesen Maßnahmen wurde der Gohbach wieder in einem Teilabschnitt ökologisch durchgängig gestaltet und durch eine Perlenschnur an Maßnahmen ökologisch aufgewertet. Weiterhin konnte erreicht werden, dass der NABU (Naturschutzbund) Verden über BINGO (Umweltlotterie) einen weiteren Sohlabsturz aufgewertet hat und die Untere Naturschutzbehörde sowie der Unterhaltungsverband in den kommenden Jahren die verbleibenden Sohlabstürze umbauen wird.
Die Maßnahmen werden unterstützt durch das Aller-Mobil. An wen richtet sich das Angebot?
Das Aller-Mobil richtet sich an Kinder und Erwachsene. Es wurden Bildungskonzepte für die Grundschulen und für die Sekundarschulen erarbeitet und auch Erwachsenenbildung vorgenommen. Das Aller-Mobil steht ebenfalls für Ferienaktionen zur Verfügung.

Mark Ehlers

Seit wann arbeiten Sie mit Volkswagen zusammen?

Seit 2010.

Wie muss man sich die Zusammenarbeit vorstellen? Kriegen Sie Fahrzeuge gestellt oder haben Sie einen Ansprechpartner im Unternehmen?

Seit Beginn arbeiten wir mit Günter Damme und Joachim Röttcher von Volkswagen zusammen. Die Projektidee stammt eigentlich von diesen beiden VW-Angestellten und wurde dann gemeinsam weiterentwickelt. Auch heute fungiert Volkswagen nicht nur als Finanzgeber, sondern diese beiden Ansprechpartner im Unternehmen arbeiten auch fachlich zum Beispiel in einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe mit.

Was beeindruckt Sie am meisten an der Zusammenarbeit mit einem Global Player?

Beeindruckend an der Zusammenarbeit ist, dass Volkswagen als Großunternehmen viele kleinere Maßnahmen an den Gewässern unterstützt und damit sehr pragmatisch den Naturschutz vor Ort stärkt. Diese Maßnahmen sind im Einzelnen nicht so spektakulär, stehen damit auch nicht so stark in der Öffentlichkeit. Sie sind aus Naturschutzsicht aber sehr effektiv, da sie zur weiträumigen Vernetzung der Lebensräume dienen.

Sie haben kürzlich eine Auszeichnung erhalten. Um was genau geht es dabei?

Das Aller-Projekt wurde als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt gewürdigt. Die Auszeichnung wurde im Rahmen einer Fachtagung von einer Vertreterin des Bundesamts für Naturschutz in Bonn übergeben. Diese Ehrung erhalten nur Projekte, die sich – wie das Aller-Projekt der Aktion Fischotterschutz e.V. – in nachahmenswerter Weise für die Erhaltung der biologischen Vielfalt einsetzen. Wir freuen uns sehr für die Anerkennung unserer Arbeit. Ab sofort wird das Projekt auf der deutschen UN-Dekade-Webseite unter www.undekade-biologischevielfalt.de vorgestellt.

Mark Ehlers

Fotonachweise: Aktion Fischotterschutz e.V.