Bye, bye Girlie!

„Suzen’s Garden“ aus der Umgebung von Wolfsburg sind seit 5 Jahren als gut gebuchte Pop-Rock-Band in ganz Deutschland unterwegs. Vorne an der Front: Sängerin und Texterin Susanne Berlin alias Suzen. Doch ihre Zeiten als seichte Popmusikerin sind vorbei. Im August 2015 erscheint ihr neues Album „STRONGER!“ auf dem Susanne sich von ihrer rockigen Seite zeigt. Inga Stang, ebenfalls Sängerin der Rockband „Callin Tommy“ aus Braunschweig, traf sich mit Susanne in ihrer Gesangsschule, um sich über die Anfänge von Suzen’s Garden, die Hochs und Tiefs des Musiker Daseins und den Neuanfang als Rockröhre zu unterhalten.
von Inga Stang

Hi Susanne, schön dich auch mal privat kennen zu lernen. Letztes Jahr im Sommer habe ich dich schon als Sängerin erleben dürfen. Das war im Urlaub an der Müritz. Ganz schön beeindruckende Show!

Danke dir. Wo genau war das denn? Ach ja, da war auch Kirmes und so was oder? Stimmt, Malchow!

Ja genau! Wann hast du denn eigentlich mit der Musik begonnen?

Ich singe schon seit meiner Kindheit. Ob im Kindergarten oder im Schulchor, ich war immer vorne dabei, wenn es darum ging zu singen. Mein Onkel war Drummer in einer Cover Band. Ich war bei fast jeder Probe dabei und habe den Musikern beim Spielen zugehört und natürlich auch mitgemacht. Irgendwann wurde die Sängerin krank, da muss ich ca. 14 gewesen sein, aber ein Gig stand für die Band an. Für meinen Onkel gab es daraufhin gar keine lange Diskussion, schließlich konnte ich alle Songs. Er meinte nur „Du kannst das“ und schubste mich direkt ins kalte Wasser auf die Bühne. Dank dieser beherzten Geste habe ich anschließend zehn Jahre in seiner und später auch noch in einer anderen Cover Band gesungen. Eine aufregende Zeit! Fast jedes Wochenende haben wir Gigs gespielt. Auch wenn das Ganze für mich damals mehr Spaß war, mit den Gagen konnte ich mein Studium finanzieren. Daher war es für mich auch nicht so wichtig, ob ich nun Schlager oder Popmusik singe.

Also am Anfang hast du nur gecovert?

Ja genau. Du machst ja nur eigene Musik, richtig? Ja, das konnte ich mir am Anfang gar nicht vorstellen, dass ich eines Tages mal den Schritt wagen und so etwas machen könnte.

Bei Suzen’s Garden spielt ihr aber ja ausschließlich eigenes Material. Wie ist es denn letztlich dazu gekommen?

Das war totaler Zufall. Peter (mein Gitarrist) und ich haben uns damals auf einer Party kennengelernt. Wir haben gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge liegen und uns weiterhin getroffen. Zu der Zeit habe ich noch in Magdeburg studiert und gewohnt. Und wenn man Student ist, gibt es ja immer was zu feiern und dann war’s in meiner Studentenbude mal wieder soweit, Peter schnappte sich die Akustikgitarre, klimperte ein paar Akkorde und ich habe da irgendeinen Text drauf improvisiert. Da kam plötzlich die Idee auf: wollen wir versuchen eigene Musik zu machen? Wir hatten zwar weder einen Bandnamen noch Musiker, aber mehrere Songideen, an denen wir gefeilt und gebastelt haben. Und dann kam der Entschluss: Lass uns das versuchen! Dann ging alles recht schnell. Musiker gesucht, Album aufgenommen, losgelegt.

Wer schreibt denn die Songs für Suzen‘s Garden?

Hauptsächlich Peter und ich. Er ist der musikalische Kopf von Suzen`s Garden und ich kümmere mich um die Texte. Die anderen Bandmitglieder bringen aber auch ihre Ideen mit rein.

Wie muss ich mir denn einen Abend bei euch beiden vorstellen? Sitzt ihr täglich zusammen und macht Musik?

(lacht) Nein, die Ideen kommen häufig ganz spontan. Peter ist sogar schon mal nachts aufgewacht, weil er eine Idee hatte und diese aufschreiben musste. Wir haben uns das so angewöhnt. Wenn eine Idee, ein Textschnipsel oder irgendwas Ähnliches auftaucht dann schreiben oder nehmen wir das sofort auf. Sonst ist es weg.

Suzen's Garden

Am 28. August ist ja nun die Veröffentlichung eures neuen Albums „STRONGER!“. Vorab konnte man bereits das Video zum Titel „Lovesong“ auf eurem YouTube Kanal bewundern. Wenn man das mit eurem letzten offiziellem Video zur Single „So I Dance“ vom letzten Album vergleicht, stellt man einen krassen Gegensatz fest. Bei „So I Dance“ war alles noch quietschig bunt, fröhlich und poppig. Einstudierte Choreografie, ein bisschen Storytelling und fertig. „Lovesong“ fällt hingegen durch seine unglaubliche Schlichtheit auf. Ruhigere Musik, Szenen von dir beim Einsingen. Kein Make-Up, kein Glamour, keine Choreografie. Habt ihr das bewusst so gemacht oder war das nur eine Ausnahme?

Make-Up trag ich schon noch. (lacht) Nee, aber ich weiß worauf du hinaus willst. Wir haben in den letzten Monaten vieles bei uns verändert, von der Besetzung bis hin zum Sound. Das Video und die Aufnahmen zu „Lovesong“ sind zwar ganz spontan entstanden bei meiner Vocalsession in Österreich mit unserem Co-Produzenten Hannes Jaeckl, aber wir wollten damit schon bewusst zeigen, hey Leute, es ändert sich was. Unser erstes Album, von dem auch „So I Dance“ stammt, war mit ganz viel Herumexperimentieren verbunden. Wir wussten ja noch gar nicht wirklich, wo es hingeht und wer wir als Band sind. Wir haben versucht verschiedene Einflüsse in die Songs zu packen und haben anschließend das Konzept mit drei Sängerinnen, der Show und den Choreografien gestrickt. Doch wir haben uns weiter entwickelt, als Menschen und als Musiker. Diese Sunshine Popmusik passt einfach nicht mehr zu uns. Im Herzen sind wir doch eher Rocker. Deshalb war es einfach Zeit für eine Veränderung. Das neue Album schlägt daher auch in eine komplett andere Richtung. Es wird viel, viel rockiger, lauter, aber auch emotionaler.

Bleibt das Konzept als Band mit drei Sängerinnen denn so bestehen?

Mehrstimmiger Gesang spielt immer noch eine Rolle, aber vorab bleibt es bei mir als alleiniger Sängerin. Uns war damals nicht bewusst wieviel Arbeit, Koordination und Planung dahinter steht, wenn acht Mann eine Show einüben müssen. Wir wollen zwar langfristig wieder mit Sängerinnen zusammen arbeiten, aber vorerst bleibt es bei der vierköpfigen Formation. Man trägt eine Menge Verantwortung, wenn man als Frontsängerin agiert. Um dieser gerecht zu werden, muss man Proben ohne Ende, wenig Freizeit im Kauf nehmen und so weiter. Das gilt natürlich auch für die anderen Musiker. Es ist schwer Leute zu finden, die bereit sind, so viel in eine Band zu investieren. Das war bisher der häufigste Grund für Besetzungswechsel bei Suzen’s Garden.

Wir hatten auch schon einige Besetzungswechsel. 2014 mussten wir uns einen neuen Drummer suchen und kaum war der gefunden und eingespielt, hat unser zweiter Gitarrist uns verlassen. So was verzögert das Songwriting enorm.

Ja genau. Wir haben zum Beispiel die letzten drei Jahre fast immer die gleichen Songs gespielt. Aufgrund von Musikerwechseln kommt man einfach nicht voran. Klar, ein Profimusiker hat die Zeit von morgens bis abends, ein neues Set einzuüben. Aber wenn man nebenbei noch arbeitet oder andere Dinge zu tun hat, ist die Zeit halt knapper und bis ein neues Mitglied alle Songs drauf hat dauert es eben etwas länger. Die Suche nach den richtigen Leuten nimmt zusätzlich auch eine Menge Zeit ein. Deshalb ist jeder Besetzungswechsel ärgerlich, von der emotionalen Seite ganz abgesehen.

Als uns letztes Jahr unser Gitarrist verlassen hat war ich erst einmal völlig fertig. Er war für mich immer mein Bezugspunkt auf der Bühne, die Person, die mit mir zusammen am meisten Show gemacht hat. Das war plötzlich wie ein Schock: wie soll ich das denn alleine an der Front wuppen? Jetzt wo bei euch plötzlich die zwei Mädels weg sind verändert sich für dich ja auch einiges auf der Bühne. Plötzlich hast du nicht mehr die zwei Damen neben dir, sondern bist quasi auch „alleine“. Wie geht es dir denn damit?

Ich fühlte mich am Anfang auch erstmal völlig unsicher. Ich hatte ja immer zwei an meiner Seite, mit denen ich super eingespielt war. Wir haben uns mit Blicken verstanden und konnten super gemeinsam das Publikum unterhalten. Der erste Gig alleine auf der Bühne war auch dementsprechend holprig. Aber beim zweiten Mal ging schon alles wie von selbst. Ich musste mir nur noch einmal selber klar machen: Ich bin endlich frei, die Bühne gehört mir und jetzt los!

Man sieht und hört dir auch richtig an, dass du total Bock hast mit dem neuen Material auf die Bühne zu gehen. Es wirkt als ob du mit viel mehr Emotionen an dem neuen Album hängst und dich richtig auf die CD-Veröffentlichung und die anschließenden Gigs freust. Wenn du hingegen über eure älteren Songs sprichst, wirkt es eher so, als ob das für dich ein abgeschlossenes Thema ist.

Abgeschlossen ist die falsche Wortwahl. Wir spielen die Songs ja auch noch live. Ich stehe nach wie vor zu unserem Debütalbum und zu allem was wir bis jetzt gemacht haben. Es war unsere Anfangszeit, wir haben bis dato super Sachen erlebt, viele tolle Gigs gespielt und natürlich ne Menge Erfahrung gesammelt. Und diese Erfahrung wird man auf „STRONGER!“ hören. Das alte Album war einfach zu glatt gebügelt. Dieses Mal ist alles anders. Die Musik, die Besetzung, aber auch die Art der Aufnahmen. Die Band hat wirklich alles selber eingespielt und ich hab neben den Lead Vocals auch die kompletten Background Vocals eingesungen. Es gibt keine programmierten Drums oder ähnliches. Außerdem haben wir mit einem sehr vertrauten Team zusammen gearbeitet. Insgesamt freue ich mich daher total darauf, mit dem neuen Material los zu legen.

Ist die passende Show zum Album denn schon eingeübt?

Nein, leider noch nicht komplett. Wir haben noch ein paar Gigs dieses Jahr, aber bevor die gesamte Show steht, ist noch einiges zu tun.

Willst du denn weiterhin mit so vielen Choreografien arbeiten?

Nee, gar nicht mehr. Mit den Mädels hat das gepasst, das war unterhaltsame, leichte Popmusik. Jetzt geht es mehr um Emotionen. Ich bewege mich so auf der Bühne, wie es meinem Gefühl gerade entspricht.

Ich kann mir vorstellen, dass Choreografien einen auch viel eher einschränken in Bezug auf die Emotionalität im Song. Das ist dann alles einstudiert und wenig authentisch.

Ja genau, das passt auch einfach nicht zu Rockmusik. Die Themen haben sich auch stark verändert. Früher war das Konzept von Suzen‘s Garden auf alltagstaugliche, leicht verdauliche Popmusik mit fröhlichen Texten über Tanzen, Lachen und Leben ausgerichtet. Auf Stadtfesten hat man als Band mit eigenen Songs nun mal eher geringe Chancen gebucht zu werden. Mit drei singenden Mädels und eingängiger Popmusik steigt die Chance hingegen wieder enorm. Mittlerweile ist uns das aber gar nicht mehr so wichtig. Wir sind erwachsener, die Musik ist erwachsener und wir denken auch erwachsener. Ich will heute auch über ernstere Themen singen, die mich beschäftigen. Krieg, Gewalt oder Umweltkatastrophen, das sind alles Dinge, zu denen ich etwas sagen will. Die Zeit, in der ich als unbeschwertes Girlie auf der Bühne stand, ist einfach vorbei.

Mir persönlich fällt es furchtbar schwer über ernste Themen zu schreiben. Ich habe viele Texte in der Richtung schon angefangen oder fertig herum liegen. Aber ich will auch nicht, dass die Show und die Musik zu schwermütig werden und alle mit gesenkten Köpfen wieder nach Hause traben.

Ja, das ist schon ein schmaler Grat. Genauso darf das Ganze ja auch nicht zu kitschig klingen. Bei uns wird das aber viel über die Musik geregelt.

Ich bin schon richtig gespannt euch mit der neuen Show live zu sehen und auch das Album macht mich neugierig. Ihr habt ja, abgesehen von der Choreografie, auch mit der Lichttechnik immer großen Aufwand betrieben. Da lief ja immer eine ganze Lichtshow im Hintergrund. Habt ihr da jemanden, der das für euch macht?

Ja, haben wir. Auch das Equipment bringen wir meist selber mit. Früher mussten wir deshalb häufig mit zwei Bussen fahren, um alle Leute plus Technik zum Gig zu bekommen. Das ist schon ein ziemlicher Aufwand. Aber Peter kennt durch seine Arbeit als Ton- und Lichttechniker super viele Leute, die uns sehr unterstützen. Mittlerweile haben wir ein geiles Team um uns herum.

Bei uns ist das ähnlich, nur in anderen Bereichen. Ohne unsere interne Manpower wären wir verloren. Durch unseren Gitarristen können wir kostengünstig Videos und Fotos machen und ich kann mich um Promotion, PR und Booking kümmern. Es zeigt sich wirklich immer wieder, wie wichtig es für eine Band ist, selbstständig handeln zu können.

Ja, das hilft einer Band total wenn man jemanden hat, der sich in bestimmten Bereichen gut auskennt. Als Band hast du einfach nicht das Geld, um für alles Mögliche Leute zu bezahlen. Wir sind auch wirklich froh, dass wir ein Team haben, auf das wir uns verlassen können. Die sind immer da, wenn es brennt.

Wir müssen auf jeden Fall in Kontakt bleiben. Sobald ihr einen Gig mit dem neuen Set habt, bin ich dabei! Erst einmal danke ich dir für das Interview.

Ich danke dir, immer wieder gerne! Wir könnten übrigens noch eine Zweitstimme auf unseren neuen Aufnahmen gebrauchen. Vielleicht hast Du ja Lust uns Deine Stimme zu leihen?

Wow, super gerne! Ich freu mich drauf!