„Wirklich gute Freunde sind Menschen, die uns ganz genau kennen, und trotzdem zu uns halten“, wusste auch schon Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. Doch existiert die Verbindung der Freundschaft ausschließlich zwischen Menschen? Oder können auch Tiere zu echten Freunden werden? Melanie Puschmann, Tierpflegerin im Tierheim Wolfsburg in Sülfeld, weiß, dass wahre Freunde auch in Katze, Maus, Hund & Co. zu finden sind.  

 

Eine Frau streichelt eine Katze
Eine Freundschaft zwischen Mensch und Tier. Foto: FLOW WOLF

Wenn aus Ehrenamt eine Tierfreundschaft wird 

Der Hund gilt bekanntermaßen als bester Freund des Menschen und wird vielmals als Partner mit der kalten Schnauze bezeichnet. Doch echte Freundschaften können auch zwischen anderen Tieren und Menschen entstehen. Ein Ort dafür ist das Tierheim Wolfsburg. In Sülfeld können Vier- und Zweibeiner erste Kontakte knüpfen und auch tiefere Verbindungen eingehen.  

Seit 1992 ist das Heim für verwaiste Tiere Anlaufstelle für Wolfsburg und Umgebung, um einsame Seelen zu adoptieren und ihnen ein neues Zuhause zu schenken. Doch häufig sind die heimischen und zeitlichen Kapazitäten für eine Rundum-Betreuung eines Lebewesens nicht gegeben. Hier kommt das Tierheim ins Spiel. Tierfreund:innen können sich ehrenamtlich engagieren und den Tierpfleger:innen unter die Arme greifen – Stichwort Katzenstreicheln oder Gassi gehen.  

Insbesondere bei Katzen-Bewohnern ist das Tierheim auf Hilfe bei der Resozialisierung angewiesen. Durch das intensive Kuscheln und Spielen mit (fremden) Zweibeinern lernen die kleinen Streuner das Vertrauen zu Menschen (wieder) aufzubauen. Tierpflegerin Melanie Puschmann weiß aus erster Hand, dass aus dem „einfachen“ Katzenstreicheln schnell mehr werden kann. So suchen sich nicht selten die Samtpfoten ihren Menschen bzw. ein neues Zuhause aus. Bei Interesse können sich Freiwillige gerne beim Wolfsburger Tierheim melden und nachmittags am Katzenstreicheln teilnehmen.  

Darüber hinaus bietet das Tierheim Wolfsburg, die Möglichkeit zum regelmäßigen Gassi gehen. Im Vorfeld absolvieren ehrenamtliche Gassigänger:innen ein Gassi-Seminar, um situationsgerecht handeln zu können. Das regelmäßige Gassigehen schafft ebenfalls Vertrauen und legt den Grundstein für eine erfolgreiche Resozialisierung und Vermittlung eines Hundes. So wird manchmal aus regelmäßigem Gassigehen nicht nur eine tiefe Freundschaft zwischen Mensch und Tier, sondern der Hund zum Familienmitglied.  

Drei Schweinchen
Drei Schweinchen. Foto: FLOW WOLF

Wenn aus Freunde Familie wird 

Eine Geschichte ist Melanie Puschmann besonders im Gedächtnis geblieben. Schon einige Zeit ging eine ehrenamtliche Helferin mit den Sülfelder Hunden spazieren und entwickelte ein Händchen für spezielle Fälle – so auch für Dino. So innig der American Staffordshire Terrier Menschen liebte, so sehr hasste er alle anderen vierbeinigen Wesen. Dies führte zu einigen heiklen Situationen. „Durch diese Problematik, seine ungeheure Kraft und seinen Sturkopf wurde es schwer zuverlässige Halter für ihn zu finden“, berichtet die erfahrene Tierpflegerin.  

Doch die junge Spaziergängerin gab nicht auf und verbrachte viel Zeit bei Schmusestunden und Gassigängen mit Dino. Mit der Zeit fiel es ihr immer schwerer den eigensinnigen Hund wieder abzugeben oder potenzielle Interessenten bei Kennlern-Spaziergängen zu begleiten. Nach langen Gesprächen mit ihrem Partner, wurde ein Haus gebaut und Dino konnte schlussendlich mit ihnen dort einziehen. Auch das neue, kleine Familienmitglied wurde von dem Vierbeiner herzlich willkommen geheißen. „Jedoch waren schöne Spaziergänge mit anderen Hundehalter:innen nie möglich, doch was nimmt man nicht alles für einen guten Freund in Kauf?“, führt Melanie Puschmann fort. „Diese Freundschaft dauerte viele Jahre an und Dino hatte in seiner zweiten Lebenshälfte ein ausgefülltes, geliebtes Hundeleben“. Ein Happyend für Hund und Mensch. 

Tierfreundschaften – wie Katz und Maus? 

Nicht nur Mensch und Tier schätzen die Eigenschaften ihrer Freundschaft, wie soziale Verträglichkeit, Toleranz und bedingungslose Akzeptanz. Auch Tiere können durch dick und dünn gehen und sind zur echten Freundschaft fähig. Das können wir im Tierheim Wolfsburg hautnah miterleben. Melanie Puschmann führt uns ins Katzenhaus, wo sie die Geschichte von Kevin und Dixon teilt. „Von Tag eins an war Dixon ein lieber, aufgeschlossener Kater. Als Kevin mit drei Monaten zu uns kam, reagierte er auf Menschen wild mit Spucken oder Fauchen. Das hat sich auch mit der Zeit nicht beruhigt. Erst als Kevin mit Dixon zusammen im Quarantäneraum saß, half der Sozialkontakt, dass er händelbarer wurde“, berichtet die Katzenexpertin. Schließlich zogen die beiden Katerfreunde ins Katzenhaus und konnten zusammen vermittelt werden.  

Eine tierische Vorzeigefreundschaft pflegen auch die drei Minischweine, die derzeit im Tierheim Wolfsburg leben. Ihre unzertrennliche Verbindung entstand schon im Vorfeld. Sie wurden gemeinsam ausgesetzt, sodass dieses unglückliche Schicksal sie noch mehr zusammengeschweißt hat und weit über ein nützliches Zweckbündnis hinausgeht. Denn nicht nur menschliche Beziehungen werden durch gemeinsame Höhen und Tiefen intensiviert und bestärkt. Nun suchen sie zu dritt ein neues Zuhause. 

Melanie Puschmann und ihre Arbeit im Tierheim haben uns gezeigt, dass Freundschaft keine menschlichen oder tierischen Grenzen kennt. Allerdings erfordern auch diese, ein beständiges An- und Miteinanderarbeiten, Aufmerksamkeit, viel Zeit und eine gute Portion Kommunikation. Nichtsdestotrotz schätzen sowohl wir Menschen als auch unsere Haustiere die einzigartigen sozialen und empathischen Verbindungen, die in der Regel auf absoluter Akzeptanz und bedingungsloser Liebe fußen. Denn in diesen Beziehungen können wir offen und ehrlich zeigen, wer wir wirklich sind. Vielleicht müssen wird daher Marie von Ebner-Eschenbachs Zitat noch ein wenig erweitern: „Wirklich gute Freunde sind Menschen und Tiere, die uns ganz genau kennen, und trotzdem zu uns halten“.