„Ich habe jeden Tag Spaß auf der Arbeit”, erzählt Stefan Tautz über seine Tätigkeit als Altenpflegefachkraft. „Und das seit 10 Jahren.” Mit dieser Behauptung ist er vermutlich eine seltene Ausnahme in der Berufswelt.

Umorientiert

Ein Job mit Leidenschaft / Foto: Mike Borrmann
Ein Job mit Leidenschaft / Foto: Mike Borrmann

Der Weg, der Stefan zur Altenpflege führte, war allerdings weniger spaßig. Nach Haupt- und Realschulabschluss bewarb sich Stefan zunächst im Volkswagen-Werk, wo er allerdings abgelehnt wurde. Auch die weiteren Versuche nach Abschluss der Metallfachschule und dem Fachabitur beim VW-Werk angenommen zu werden scheiterten. Das als Alternative geplante Jahr im Zivildienst lief aufgrund einer „Verschraubung” im Ellenbogengelenk auf eine kurzfristige Ausmusterung hinaus. Darauf folgte ein Jahr Studium. Doch schnell war Stefan klar, dass er Maschinenbau nicht weiter studieren würde. Stattdessen startete eine für ihn stressige Zeit in der er in Magdeburg eine Ausbildung als Physiotherapeut begann. Jede freie Minute, die der damalige Azubi hatte, jobbte er in der Wolfsburger City-Galerie bei Meyerbeer Coffee, um sich während der Ausbildung über Wasser zu halten. Leider nahm die Ausbildung kein erfolgreiches Ende, denn die zwei Versuche bei der mündlichen Prüfung liefen schief und ein Plan B existierte nicht.

Berufliches Glück

Ambulante Pflege mit Verantwortung / Foto: Mike Borrmann
Ambulante Pflege mit Verantwortung / Foto: Mike Borrmann

Zu diesem Zeitpunkt war Stefan bereits 27. Die Frage stellte sich: Was nun? Denn die zahlreichen Gelegenheitsjobs, welche er zu der Zeit erledigte, waren keine dauerhafte Lösung. Ein Tipp, den Stefan erhielt hieß „Geh doch in die Altenpflege, das kann ich mir bei dir gut vorstellen“. Also entschied er sich für ein Probearbeiten in einem Pflegeheim des DRK Wolfsburg, welches der Startschuss für seine Karriere war. Nachdem er einen Test des Jobcenters Wolfsburg überdurchschnittlich gut bestanden hatte, bekam er einen „Bildungsgutschein“ zur finanziellen Unterstützung. Zu diesem Zeitpunkt war die Ausbildung nämlich noch selbst zu finanzieren. Somit konnte sich Stefan voll auf seine Ausbildung konzentrieren und schloss diese knapp drei Jahre später ab. Heute, sieben Jahre später, ist sich Stefan sicher: Egal, ob Geld und Zeit in den Sand gesetzt wurde oder sein Lebenslauf einer Achterbahn gleichkommt, es musste so passieren! Denn jetzt hat er einen Beruf, in welchem er täglich Spaß hat. „Die Leute sind dankbar, dass sich um sie gekümmert wird. Gerade, da sie noch zuhause wohnen, ist es für alle eine Freude zu wissen, dass regelmäßig jemand kommt. Sogar, wenn es eine Spritze ist, die sie erwartet”, lacht Stefan. Viele seien noch sehr locker drauf und könnten kinderleicht mit den typisch flotten Sprüchen von Stefan mithalten. Mit der Zeit sind ihm viele der älteren Herrschaften ans Herz gewachsen. Neben dem sozialen Interagieren ist sich Stefan auch seiner Verantwortung als Altenpflegefachkraft in der ambulanten Pflege bewusst. Jede Aufgabe ist wichtig. Sein Aufgabenbereich fällt auf alles, was der Arzt verordnet hat: Spritzen setzen, Kompressionstherapie, Medikamente stellen oder verabreichen. Um das Ganze mit professioneller Wundversorgung abzurunden machte Stefan eine Fortbildung zum TÜV geprüften Wundexperten. Die Versorgung von chronischen und nicht chronischen Wunden ist jedes Mal eine besondere Herausforderung, welche er gerne annimmt. Auch für die Planung der täglichen Pflege ist er zuständig und erarbeitet in seinem Team die individuelle Pflege der Bedürftigen. Die Pflege selbst wird von Pflegekräften ausgeführt, welche beispielsweise für die Körperpflege, die Betreuungsangebote und das Einkaufen zuständig sind. Stefan ist leider einer der wenigen männlichen Vertretern in der Altenpflege. Laut dem Statistischen Bundesamt waren bei der schulischen Ausbildung 2017/18 nur 24 % der Auszubildenden männlich. Das liege laut Stefan unter anderem daran, dass in unserer Gesellschaft immer noch zu wenig Leute wissen was die Pflege überhaupt bedeutet. In Kontakt mit diesem Bereich kommen die Leute meist erst, wenn man selbst oder ein geliebter Mensch pflegebedürftig ist. Er würde sich wünschen, dass jeder mal einen kleinen Einblick in dieses tolle Berufsfeld bekommen könnte. Hinzu kommt aber auch noch die klassische Rollenverteilung, dass der Mann die Brötchen verdient. Denn der Großteil des Kollegiums ist nicht gerade erst mit der Schule fertig, sondern bald mit dem Arbeitsleben. Das Problem: Der Nachwuchs in der Pflege fehlt

Ein verantwortungsvoller Beruf

Sein Ausgleich zum Schichtdienst ist sein Hobby: die Fotografie. / Foto: Mike Borrmann
Sein Ausgleich zum Schichtdienst ist sein Hobby: die Fotografie. / Foto: Mike Borrmann

Es ist ein ernstzunehmender Job, der einem täglich Freude bereiten kann. Jeder, der offen auf Leute zugehen kann, hilfsbereit und fleißig ist, dürfte sich in der Pflege wohlfühlen. Anders als beim Bürojob bekommt man direktes Feedback, wie ein Lächeln oder auch mal ein ergreifender Moment. Neben Stefans Schichten als Altenpfleger – sowohl unter der Woche als auch an Wochenenden – und der Zeit mit seiner Familie, nimmt Stefan sich auch Zeit für sein großes Hobby. Seit circa fünf Jahren fotografiert er verschiedenste Menschen. Begonnen hat er 2010. Mit seinem ersten iPhone hatte Stefan die Möglichkeit mit der Handykamera herumzuexperimentieren. Schon bald war klar, dass er eine richtige Kamera haben wollte. Doch mit der Nikon D5000 hat Stefan sich nicht wirklich anfreunden können. Heute fotografiert er mit seiner analogen Mittelformatkamera Mamiya RB 67 und einer digitalen Leica Q, welche ihn überall hin begleitet. Sein Motto: Die beste Kamera nützt nichts, wenn man sie nicht dabei hat. Weiteres Equipment ist an seinen Stil angepasst: möglichst flexibel. Unter dem Namen : „stefan_tanz_pics“ veröffentlicht er einige seiner Bilder auf Instagram. 

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