Das innovative Konzept Cradle to Cradle hat auch Wolfsburg erreicht. Im Februar 2016 hat sich eine Regionalgruppe aufgestellt, um Aufklärungsarbeit zu leisten.
Denken in immerwährenden Kreisläufen
Die Regionalgruppe trifft sich donnerstags alle drei bis vier Wochen an verschiedenen Orten. Beim Besuch der Regionalgruppe im September 2016 geht es in die Autostadt, da sich auch zwei Mitarbeiter der Volkswagen-Tochter engagieren. Insgesamt sind es dieses Mal 15 Teilnehmer von Pensionären über Studenten bis zu Unternehmensvertretern. Gegründet wurde die Wolfsburger Gruppe von Angelika Frank, die bis zu ihrer Pensionierung Schulleiterin am Ratsgymnasium war, und Fritz Hempel, der das Modehaus Hempel in Salzgitter-Bad leitet. Zur Begrüßung und weiteren Vertiefung erhalten die neuen Teilnehmer das C2C-Magazin. Bereits auf der Umschlagseite liest man, dass das Magazin Nährstoff ist und nach dem C2C-Verfahren gedruckt wurde. Sämtliche Druckkomponenten sind für den biologischen Kreislauf ausgewählt. Zum Beginn des Treffens greift Angelika Frank die Überlegungen aus der letzten Sitzung auf, mit einem Promotionstand in der Porschestraße auf das Konzept C2C aufmerksam zu machen und präsentiert als Idee einen Schuh, den sie in die Mitte der Gruppe stellt, aus dem Muttererde und eine Pflanze herausragen. Ein Eyecatcher! Der Schuh soll symbolisch für den ökologischen Fußabdruck stehen, den wir Menschen durch unsere aktuelle Lebensweise hinterlassen und der möglichst positiv sein sollte damit die Erde auch noch in ein paar Hundert Jahren funktioniert. Während der Diskussion stellt Dr. Annette Hempel allerdings fest, dass die Schuhsohle sicherlich nicht C2C-fähig ist, da diese nicht aus Kautschuk oder anderen wiederverwendbaren Materialien besteht. Es entsteht eine rege Diskussion in der Gruppe, um der Frage nachzugehen wie eine Promotion aussehen könnte.
Cradle to Cradle ist nicht mit Nachhaltigkeit gleichzusetzen
„Wir reden nicht von Nachhaltigkeit“, sagt Dr. Annette Hempel über den Schuh, „das wäre Ökoeffizienz. Cradle to Cradle ist Ökoeffektivität.“ Das bedeutet, dass man versuchen sollte, die richtigen Dinge zu tun (Ökoeffektivität), anstatt die falschen Dinge weniger schlecht zu machen (Ökoeffizienz). Allerdings, so ergänzt es Angelika Frank, könne man die Nachhaltigkeit nutzen, um in der breiten Öffentlichkeit Interesse zu wecken, da dieser Begriff geläufiger ist.
Kommen wir zurück zum Schuh. Puma inCycle hat beispielsweise einen durchaus modischen Turnschuh entwickelt, der C2C-zertifiziert ist und somit alle Kriterien erfüllt. Die Zertifizierung erfolgt durch das Institut PII (Products Innovation Institute) in Kalifornien (USA). Hier in Europa leistet EPEA Produkt- und Prozessberatung, dessen Leiter Dr. Michael Braungart Mitbegründer des C2C-Konzeptes ist. Nach der Diskussion mit dem Schuh geht es in der Runde auch schon um konkretere Maßnahmen. Bei der Debate Night am 29.11.2016 in der FH Ostfalia präsentiert sich die Gruppe erstmals einem größeren Kreis in der FH. Nächstes Jahr könnte man sich vorstellen einen Debattierabend zum Thema „Cradle to Cradle“ selbst zu organisieren. Als großes Event steht zudem der 5. Juni 2017 auf der Agenda. Das ist weltweit der Tag der Umwelt und die Ideen gehen dahin, dass ein Wolfsburger Aktionstag mit anderen Umweltorganisationen wie NABU und BUND organisiert werden soll, um die Bürger zu sensibilisieren. Bis dahin sollte die komplett CO2-neutral hergestellte Einkaufstüte aus Papier (TÜTLE) nicht nur bekannter, sondern auch verbreiteter sein. Bisher haben der VfL Wolfsburg und das Modehaus Hempel diese Tüte aus 100 % recyceltem, ungebleichtem und kompostierbaren Spezialpapier im Einsatz. Wer Interesse an der Regionalgruppe hat, wendet sich am besten direkt an Angelika Frank per E-Mail unter wolfsburg@c2c-ev.de, um sich in den Verteiler für die nächsten Termine eintragen zu lassen. (IB)
Die Cradle to Cradle Prinzipien
Angesichts zunehmend knapper und teurer Rohstoffe wächst in vielen Unternehmen die Bereitschaft zu einer Umstellung auf eine nachhaltigere und ressourcenschonendere Produktion. Umweltschutz kann nur funktionieren, wenn Produkte und Prozesse vom Anfang her gedacht und im Hinblick auf ihre gesamte Nutzungsdauer entwickelt werden. Vorbild für Cradle to Cradle ist die Natur, von der sich die drei Cradle to Cradle Prinzipien ableiten lassen:
- Abfall ist Nahrung, alles zirkuliert in biologischen oder technischen Rohstoffkreisläufen
- Nutzung von erneuerbaren Energien
- Unterstützung von Diversität
Nach dem Cradle to Cradle-Konzept werden positiv definierte Materialien verwendet: So ist der Abrieb eines Autoreifens oder einer Schuhsohle nicht umweltschädlich, sondern ökologisch verträglich oder hat sogar einen positiven Einfluss auf die Umwelt. Die Rückstände von Shampoos oder Reinigungsmitteln können unbedenklich in den Abfluss fließen. So ist die Verwendung von Materialien immer gesundheitsverträglich, sowohl für die an der Herstellung beteiligten Menschen, als auch für die Nutzenden.
Infobox
Ökoeffizienz vs. Ökoeffektivität
Ökoeffizienz beschreibt die Reduzierung der Material- und Energieintensität sowie die Verminderung des Schadstoffausstoßes eines Produktes bei gleichzeitiger Erhöhung der Recyclingfähigkeit.
Die Ökoeffektivität verfolgt ein weitaus komplexeres Ziel mit der Absicht in immer wiederkehrenden Kreisläufen zu denken. Produkte sollen entweder als biologische Nährstoffe in biologischen Kreisläufen oder als technische Nährstoffe in technischen Kreisläufen lückenlos gehalten werden.
Mehr über Cradle to Cradle unter www.c2c-ev.de